In dieser Woche sehen wir uns ein dramatisches Duell zwischen Ronny Kaiser und Bülent Uzun an, eine sehr seltene Konstellation. Gespielt wird Pot-Limit Omaha, die Blinds betragen €50/€50, außerdem wurden zwei Live-Straddle für €100 und €200 gesetzt.
Für alle Pokerfans in Deutschland gibt es eine schlechte Nachricht. Die 12. Staffel der German High Roller ist seit vergangenem Sonntag komplett ausgestrahlt, und es beginnt nun wieder die Zeit des Wartens. Umso besser fällt das Fazit der letzten Staffel aus – das Niveau war noch besser, einzig die beiden Publikumslieblinge Hermann Pascha und Leon Tsoukernik wurden vermisst.
Wir schlüpfen dieses Mal in die Position des Amateurs am Tisch, Bülent Uzun.
Spiel vor dem Flop bis zum River
George Danzer und Jan-Peter Jachtmann haben Live bzw- Relive-Straddle gesetzt, als Erster ist daher Bülent Uzun an der Reihe. Er hält
und limpt. Außer ihm callen Ronny Kaiser und Khiem Nguyen in den Blinds, ehe George Danzer auf €1.200 raist. Jachtmann foldet, aber Bülent, Ronny und Khiem callen. Im Pot sind damit vier Spieler und exakt €5.000.
Der Flop bringt
und alle Spieler checken. Mit weiterhin €5.000 im Pot geht es auf den Turn. Der bringt die
und Ronny Kaiser spielt von vorn €4.000 an. Khiem (bemerkenswert mit Nut Flush Draw) und George folden, doch Bülent hat die Nuts und raist auf €15.000.
Ronny überlegt eine Weile und callt dann. Im Pot sind damit schon €35.000 und es wird der River aufgedeckt. Zum Abschluss kommt die
und bringt ein Paar aufs Board. Ronny überlegt kurz, setzt dann €27.000 und Bülent somit All-In. Bülent hat nicht mehr die Nut Straight, aber immerhin ein Full House.
Nach langem Nachdenken entscheidet er sich zum Call und Ronny muss seine
umdrehen. Mit dem besseren Full House gewinnt Bülent den Pot mit €89.000.
Analyse und Bewertung
Zum Ende der zwölften Staffel noch ein echter Hammer bei den German High Rollern. Lassen wir die Frage außer Acht, inwieweit die Aktionen vor und auf dem Flop korrekt waren, und kümmern wir uns um das Spektakel ab dem Turn.
Ronny ist im Small Blind und daher als Erster an der Reihe. Mit seinem Bottom Set hätte er auch auf dem Flop schon anspielen könnte, hoffte aber offensichtlich darauf, dass jemand anders (vor allem George als Preflop-Spieler) dies übernehmen würde und er dann all-In raisen könnte.
Nun spielt er an, doch ist seine Hand durch die weiteren Möglichkeiten nicht mehr halb so gut wie zuvor. Khiem legt im Sandwich einen bemerkenswerten Fold hin, George gibt seine Hand ebenfalls auf, doch Bülent hat soeben die Nuts bekommen.
Sein Pot-Raise mit der Nut Straight ist natürlich und stark, denn er bietet Ronny für dessen Draws damit die schlechtesten Pot Odds, die die Struktur des Pot-Limit zulässt.
PLO-Spezialist Ronny weiß natürlich, welche Hand Bülent hat – die momentanen Nuts. Im Pot sind €24.000 und er muss €11.000 nachzahlen, d.h. er bekommt bessere Pot Odds als 2 zu 1.
Im Idealfall hat er vierzehn Outs (vier Buben, drei Zehnen, drei Neunen, drei Sechsen und die letzte Fünf), was er nicht weiß, ist, dass nur der Gutshot mit dem Buben und die Fünf ihm weiterhelfen, da Bülent neben den Nuts noch das bessere Set hat.
Mit den vierzehn Outs wäre der Call korrekt, da Ronny zwar nicht ganz ausreichende Pot Odds bekommt, aber mit Implied Odds (max. €27.000 = der Rest von Bülent) auf dem River rechnen kann.
Auf dem River wird es dann völlig verrückt. Die
bringt Ronny das Full House, und im Glauben, nun die beste Hand zu halten, setzt er Bülent all-In. Daran ist nichts auszusetzen, denn die Konstellation, dass der Gegner Nut Straight UND besseres Full House hat, ist sehr selten.
Richtig brutal ist die Situation aber für Bülent geworden. Eben noch saß er auf den Nuts und nun hat er mit den 6th Nuts eine extrem schwere Entscheidung.
Schauen wir uns seine Lage en detail an. Im Pot sind €62.000 und er muss €27.000 bezahlen, d.h. er bekommt Pot Odds von 2,3 zu 1. Anders gesagt, muss sein Call in etwa 30 Prozent der Fälle gewinnen.
Werfen wir nun einen Blick auf die Hände, die Ronny haben kann. Ein Bluff ist hier angesichts des bisherigen Verlaufs (Ronnys Call auf dem Turn vor allem) sehr unwahrscheinlich, d.h. Bülent muss von einem Full House bei Ronny ausgehen.
Dafür gibt es folgende Möglichkeiten:
- TT = Eine Kombination (T♥ T♠)
- T9 = Sechs Kombinationen (T♠ 9♠, T♠ 9♣, T♠ 9♦, T♥ 9♠, T♥ 9♣, T♥ 9♦)
- T6 = Zwei Kombinationen (T♠ 6♦, T♥ 6♦)
- T5 = Sechs Kombinationen (T♠ 5♥, T♠ 5♣, T♠ 5♦, T♥ 5♥, T♥ 5♣, T♥ 5♦)
- 99 = Drei Kombinationen (9♠ 9♣, 9♠ 9♦, 9♣ 9♦)
- 55 = Drei Kombinationen (5♥ 5♣, 5♥ 5♦, 5♣ 5♦)
Insgesamt gibt es also 21 Kombinationen von Händen, die Ronny haben kann. Sie sind bei Pot-Limit Omaha schwerer zu gewichten als bei Hold’em, aber T6 und T5 sind sicher etwas unwahrscheinlicher als die anderen Kombinationen.
Da Bülent von diesen 21 Kombinationen nur drei schlägt, er also Pot Odds von 6 zu 1 (bzw. 18 zu 3) bräuchte, scheint ein Fold korrekt.
Doch Halt!
Fraglich ist nämlich, mit welchen Händen Ronny auf dem Turn den Raise von Bülent callte. Tat er dies nur mit Sets (TT, 99 und 55) oder auch mit Two Pairs? Geht man davon aus, dass Ronny nur Sets callte, verschiebt sich die Lage extrem.
Dann verliert Bülent gegen 4 Kombinationen (Zehnen und Neunen) und schlägt 3 (die Fünfen). Selbst wenn man die 6 Kombinationen von T9 dazu nimmt, lautet das Verhältnis 10 zu 3 oder 3,3 zu 1, womit der Call ebenfalls noch eindeutig korrekt ist.
Fazit
Nach dem Schreck auf dem River traf Bülent die richtige Entscheidung und gewann einen großen Pot. Für Ronny verlief diese Hand wie die gesamte Staffel sehr unglücklich. Sein scheinbarer Volltreffer bescherte ihm eine teure zweitbeste Hand.
Alle Freunde von German High Roller dürfen sich schon heute auf die nächste Staffel freuen. Sie wurde bereits vor einiger Zeit in Luzern aufgezeichnet und soll im April ausgestrahlt werden.