Immer wieder haben Profis Probleme, wenn sie gegen Amateure spielen. Diese machen oft unorthodoxe Dinge, die für die Profis schwer einzuschätzen sind. In unserer Hand der Woche präsentieren wir einen unübersichtlichen Schlagabtausch zwischen der amtierenden Miss Finnland Sara Chafak und dem gestandenen Profi Ronnie Bardah, der am Ende vor lauter Chaos den Überblick verliert und sich in sein Schicksal fügt.
Ausgangslage und Spiel bis zum River
Wir verfolgen die Pokershow Shark Cage, bei der neben Profis wie Kara Scott, Jean Robert Bellande oder Eugene Katchalov auch die amtierende Miss Finnland am 6-max-Tisch sitzt.
Das Prinzip der Show sieht vor, dass ein Spieler, der geblufft wurde bzw. beim Bluffen erwischt wurde, in den sogenannten Shark Cage muss. Außerdem geht es aber auch um ein nicht unerhebliches Preisgeld.
Die Blind betragen 5.000/10.000 plus 2.000 Ante. In unserer Hand limpt die Miss Finnland aus zweiter Position mit
Die Spieler hinter ihr folden und Ronnie Bardah, ein erfolgreicher amerikanischer Profi, checkt. Er hält
Vor dem Flop sind damit 37.000 Chips in der Mitte und der Flop bringt
4♣
Bardah setzt mit seinem Bottom Pair 15.000, worauf Miss Finnland auf 30.000 raist. Bardah callt, womit 97.000 im Pot sind, und der Turn bringt
Bardah checkt, Miss Finnland setzt 55.000, Bardah raist auf 155.000. Miss Finnland reraist auf 255.000 und Bardah callt. Damit sind 607.000 Chips im Pot. Der River bringt die
Bardah checkt und ohne großes Zögern geht Miss Finnland mit rund 700.000, also etwas mehr als Potgröße All-In. Bardah denkt lange nach und foldet dann in der letzten Sekunde, nachdem er seiner Gegnerin erst noch seine Hand gezeigt hat.
Hier könnt ihr euch die Hand in bewegten Bildern anschauen:
Analyse und Bewertung
Wie kann es passieren, dass ein gestandener Profi wie Ronnie Bardah sich mit einer starken Hand wie Trips von einer blutigen Amateurin aus dem Pot bluffen lässt?
Schauen wir uns an, wie es dazu kommen konnte.
Vor dem Flop limpt die hübsche Amateurin und macht es ihren Gegnern damit schwer, ihre Hand einzugrenzen. Amateure limpen gern und oft mit erstaunlichen Händen, die Profis nie spielen würden.
Bardah hat im Big Blind mit 84o eine sehr schwache Hand, trifft auf dem kostenlosen Flop aber immerhin Bottom Pair. Mit einer niedrigen Bet versucht er den Pot an dieser Stelle bereits zu beenden und weitere Probleme zu vermeiden, erlebt dann aber die erste Überraschung.
Aggression, Aggression, Aggression
Seine Gegnerin serviert ihm einen Raise, wonach es angesichts fehlender Position, schwacher Hand und schwer vorauszuplanendem Geschehen vermutlich das Beste wäre, einfach zu folden. Bardah bekommt aber Pot Odds von 5,5 zu 1, die für einen Fold fast zu gut sind, daher callt er.
Auf dem Turn trifft er tatsächlich mit der nächsten Vier die perfekte Karte und wirft seiner Gegnerin auch gleich einen verschwörerischen Blick zu.
Die lässt sich aber nicht lumpen und setzt mit nichts außer einem Gutshot weitere 55.000. An dieser Stelle begeht Bardah eine Ungenauigkeit und raist seine Gegnerin. Damit will er Draws abkassieren, doch gibt es darüber hinaus nur wenige schlechtere Hände, mit denen sie callen kann.
Seine Gegnerin dagegen denkt sich, ob wissentlich oder nicht, etwas ganz Heimtückisches aus. Sie bringt einen sehr niedrigen, geradezu unwiderstehlichen Reraise auf 255.000.
Die Alarmglocken läuten
An dieser Stelle läuten beim Profi die Alarmglocken. Ganz offenbar möchte die Amateurin ihn mit sehr guten Pot Odds im Pot halten, da sie ein absolutes Monster hat. Andererseits ist sie eine Amateurin, also weiß sie womöglich gar nicht recht, was sie tut.
Bardah entscheidet sich für einen Call und hat an dieser Stelle nur noch ein Ziel – er will möglichst billig zum Showdown. Seine Gegnerin hat viel Stärke demonstriert, indem sie auf dem Flop raiste und auf dem Turn einen gegnerischen Raise reraiste.
Der River bringt mit der Sechs eine Karte, die kaum eine Rolle spielt, obwohl eine Hand wie 8♠ 7♠, die nun eine Straight bildet, durchaus denkbar ist.
Für Bardah gibt es nach dem bisherigen Geschehen keine Alternative. Er checkt und muss danach nicht lange warten, bis seine Gegnerin ihm den nächsten Schock versetzt.
Miss Finnland geht mit etwas mehr als Potgröße All-In und polarisiert damit ihr Spektrum maximal. Nach Profimaßstäben hat sie entweder ein Monster (vermutlich Full House) oder gar nichts, aber da sie eine Amateurin ist, muss Bardah auch noch andere Möglichkeiten in Betracht ziehen, wie ein schlecht gespieltes Top Pair.
Am Ende schmeißt Bardah seine Hand weg, und zum Teil sicherlich auch deswegen, weil er seine Gegnerin so schlecht einschätzen konnte.
Unabhängig davon, ob sie wirklich wusste, was sie tat, hat Miss Finnland diese Hand ausgezeichnet gespielt. Sie hatte immer ein wenig Pot Equity mit dem Gutshot, hat immer um die Initiative gekämpft und diese an sich gerissen, und sie blieb bis zum Schluss mutig und übte maximalen Druck auf ihren Gegner aus.
Fazit
Ausgerechnet die Amateurin Miss Finnland zeigt in einer Hand der Fernsehshow Shark Cage den Wert der Position und der Initiative bei großen Stacks.
Sie spielt die Hand so, dass es fast egal ist, was sie auf der Hand hat, da sie ihren Gegner so lange mit heftiger Aggression unter Druck setzt, bis dieser achselzuckend aufgibt und anschließend in den Shark Cage muss.