Auf dem Weg zum Sieg beim €25k SHR entkorkte Kanit einen spektakulären Bluff, der gleich mehrere Pokergesetze außer Kraft setzte. Diese Hand gegen Anton Bertilsson, die ihn einen entscheidenden Schritt näher Richtung Sieg brachte, wollen wir uns noch einmal etwas genauer ansehen.
Mustapha Kanit hat wieder zugeschlagen. Beim 25k Super Highroller der EPT Dublin gewann der Italiener sein drittes Turnier dieser Art innerhalb eines Jahres und zeigte dabei, dass er ein ganz besonderer Spieler ist.
Ausgangslage und Spiel bis zum River
Wir befinden uns am Finaltisch des 25k Super Highroller-Turniers der EPT Dublin und es sind noch vier Spieler dabei.
Alle haben bereits €176.000 sicher, doch es lockt die Siegprämie von über €500.000.
Die Blinds betragen 50.000/100.000 plus 10.000 Ante, im Pott sind also 190.000. Nach einem Fold von Short Stack Chance Kornuth (1 Million) raist Anton Bertilsson (4,5 Millionen) auf 200.000.
Im Small Blind bekommt Mustapha Kanit (7,5 Millionen)
und reraist auf 530.000. Charlie Carrel foldet, aber Bertilsson reraist auf 1.180.000. Kanit callt. Im Pott sind damit 2,5 Millionen Chips, die effektiven Stacks betragen rund 3 Millionen.
Der Flop bringt
Kanit checkt, Bertilsson setzt 700.000 und Kanit callt. Im Pott sind damit 3,9 Millionen, die effektiven Stacks betragen 2,3 Millionen.
Der Turn bringt die
Kanit checkt, und auch Bertilsson checkt.
Der River bringt den
Kanit setzt nach kurzer Zeit 1,75 Millionen, worauf Bertilsson in längeres Nachdenken versinkt, schließlich aber foldet. Seine Hand war
Hier die Hand in bewegten Bildern:
Analyse und Bewertung
Grandioses Kalkül oder völliger Irrsinn, das ist hier Frage, der es nachzugehen lohnt. Gehen wir die Hand noch einmal durch, um nachzuvollziehen, was die Spieler vermutlich dachten.
Wir sind in der turnierentscheidenden Situation des 25k Highroller. Wo Amateure erleichtert aufatmen, weil sie bereits über €170.000 gewonnen haben, steuern Profis den ganz großen Wurf an.
Durch die immer steiler werdenden Sprünge in der Preisgeldstruktur lohnt es sich, gewisse Risiken einzugehen, um auf Sieg zu spielen.
Mustapha Kanit hat als Chipleader beste Aussichten, das Turnier zu gewinnen und entscheidet sich mit einer leicht überdurchschnittlichen Hand zu einem Move.
Da Bertilsson vom Button raist, ist sein Spektrum sehr breit und er wird trotz Position viele Hände aufgeben.
Allerdings hat der Schwede ganz anderes im Sinn und bringt eine 4-Bet. Die meisten Spieler würden nun aufgeben, doch Kanit lässt sich nicht abschütteln.
Der doppelte OOP-Float
Was nun folgt, sieht man wirklich nicht oft und kann nur von den besten Spielern exerziert werden. Obwohl Kanit keine Position und keine vernünftige Hand hat, sondern lediglich günstige Pot Odds von 3 zu 1, callt er und fasst damit einen heimtückischen und vielschichtigen Plan.
Nach seinem Float vor dem Flop folgt der nächste auf dem Flop. Dieser bringt A88 und kann angesichts der Action beiden Spielern geholfen haben.
Nach Kanits Check setzt Bertilsson, was er vermutlich mit seinem gesamten Spektrum tun würde. Zwar kann er so keine bessere Hand zum Folden bekommen, aber sein Blatt gegen Bluffs schützen.
Würde er checken, hätte er nach einer Turn-Bet von Kanit große Schwierigkeiten, die richtige Entscheidung zu treffen.
Dass Kanit nun noch einmal callt, setzt dem Ganzen die Krone auf. Der Italiener weiß um die Turniersituation mit einem klaren Shortstack, er weiß aber auch, dass er einen entscheidenden Schritt Richtung Turniersieg machen und gleichzeitig nicht ausscheiden kann.
So entscheidet er sich zwei Setzrunden vor Schluss, seinem Gegner auf den Zahn zu fühlen. Eine ganz entscheidende Rolle nimmt dabei der Turn ein.
Die Falle schnappt zu
Auf dem Turn checkt Kanit erneut, worauf Bertilsson ebenfalls checkt. Das könnte eine heimtückische Falle sein, aber viel wahrscheinlicher ist, dass dem Schweden das Ass nicht gefällt und er damit sein Spektrum nach oben begrenzt.
Genau darauf hat Kanit gewartet, denn sein doppelter Float kann nur funktionieren, wenn sein Gegner Schwäche signalisiert.
Wäre Bertilsson jetzt All-in gegangen, hätte Kanit gefoldet und fast zwei Millionen Chips eingebüßt, seine Siegchancen wären aber weiterhin intakt geblieben.
Der J♠ auf dem River spielt insofern keine Rolle für Kanit. Außer vielleicht bei einem Ass würde er an dieser Stelle immer setzen und damit seinen Bluff zu einem logischen Ende bringen.
Für Bertilsson ist die Lage nach Kanits Bet schwierig. Der Italiener kann definitiv ein Ass (vermutlich AJ bis A6) haben, mit dem er übrigens vor dem Flop gegen Bertilssons konkrete Hand auch die richtigen Pot Odds bekommen hätte!
Natürlich ist auch ein Bluff möglich, aber viel unwahrscheinlicher, da Kanit immerhin vor und auf dem Flop callte und damit gleich zweimal signalisierte, dass er etwas hat.
Den Fold des Schweden kann man deshalb wirklich nicht kritisieren, zumal eine Niederlage beim Showdown ihn auf einen fast unspielbaren Stack mit 6BB zurückgeworfen hätte.
Fazit
Großes Kompliment an Mustapha Kanit für einen extrem elaborierten und schwierigen Bluff.
Stackgrößen und Turniersituation waren optimal für diesen Move, die Ausführung dennoch eine Augenweide.
Was wäre passiert, wenn Bertilsson auf dem Flop gecheckt hätte? Hätte Kanit dann mit zwei Bluffs auf Turn und River durchgezogen? Vielleicht, aber dann wäre uns dieses Spektakel entgangen.
Bertilssons Sicht
Wir haben vor Ort mit Anton Bertilsson gesprochen. Im Video sehen Sie, wie er die Hand erlebt hat.