Einmal mehr blicken wir auf das Super High Roller Cash Game, das letztes Jahr im Aria von Las Vegas stattfand und einige der spektakulärsten Hände der jüngeren Vergangenheit hervorbrachte. Dieses Mal verfolgen wir Andrew Robl und Scott Seiver.
Die beiden liefern sich ein spannendes Duell und wir erleben einmal mehr mit, dass Weltklassespieler eben das gewisse Etwas haben, das Amateuren fehlt.
Ausgangslage und Spiel bis zum River
Wir beobachten eine Hand aus der extrem stark besetzten Cashgame-Runde mit Sam Trickett, Doug Polk, Andrew Robl, Patrik Antonius und Scott Seiver, aus dessen Perspektive wir das Geschehen verfolgen.
Die Blinds betragen $400/$800, aber die Stacks sind teilweise enorm groß. Die beiden Hauptakteure in dieser Hand, Andrew Robl und Scott Seiver, haben $1,6 Millionen bzw. $710.000 vor sich stehen, spielen also mit effektiven 887BB!
Nach Polks Fold in erster Position raist Andrew Robl auf $2.500. Dahinter reraist Patrik Antonius auf $8.500 und Daniel Colman foldet. Scott Seiver ist auf dem Button und hält
Er bringt die 4-Bet auf $24.000, nach der Trickett und Newey in den Blinds folden. Robl callt, Antonius foldet. Im Pott sind damit zwei Spieler und $59.100.
Der Flop bringt
Robl checkt und auch Seiver checkt. Im Pott sind weiterhin zwei Spieler und $59.100.
Der Turn bringt den
Wieder checkt Robl, aber Seiver setzt dieses Mal $38.000. Robl callt recht zügig, womit $135.100 im Pott sind.
Der River bringt die
Robl checkt erneut, Seiver denkt kurz nach und checkt dann ebenfalls. Robl zeigt seine Hand
und gewinnt den Pott. Seiver zeigt seine Hand nicht, erzählt Robl hinterher aber, dass er „bereits früh in der Hand ebenfalls Two Pair gehabt habe“.
Hier die Hand in bewegten Bildern mit dem ausgezeichneten Video von Poker Central.
Analyse und Bewertung
In dieser Hand flogen zwar nicht völlig die Fetzen und der Pott blieb mit rund $135.000 auch relativ klein, doch bietet dieses Duell einige interessante und vor allem instruktive Momente. Gehen wir die entscheidenden Situationen noch einmal durch.
Vor dem Flop ist Robls Raise mit AK absolut unstrittig, da er damit fast immer die beste Hand hat. Antonius bekam in dieser Runde fast nur schlechte Karten und versucht mit K9s einen Move, doch auf dem Button lässt sich Seiver nicht abschütteln.
Seine Hand, AJo, ist nichts Besonderes, aber in einer siebenhändigen Runde mit vielen loose-aggressiven Spielern zu stark für einen Fold, zumal Seiver die gesamte Hand über den Positionsvorteil innehat.
Sein Reraise auf $24.000 ist loose, bringt ihm aber sofort die Initiative und ein klareres Bild von den gegnerischen Spektren.
Robl repräsentiert Schwäche
Nach den Folds der Blinds ist Robl an der Reihe. Er hat AK, aber als einer der besten Cashgamespieler der Welt weiß er, dass diese Hand ohne Position und bei diesen Stacks auf keinen Fall überschätzt werden darf.
Schauen wir einfach nur, was bei einer 5-Bet passieren würde. Fast alle schwächeren Hände würden gefoldet, und falls jemand callt (oder reraist), hat Robl praktisch nie die bessere Hand. Stattdessen hat er den Pott in die Höhe getrieben und muss sich ohne Position mit einem sehr starken gegnerischen Spektrum herumschlagen.
Robl entscheidet sich daher für einen Call, der auch noch einen anderen Vorteil bietet. Seine Hand befindet sich am oberen Rand seines Call-Spektrums und er kann damit nicht nur gegen Bluffs Geld gewinnen, sondern auch gegen schwächere Value-Hände – wie es auch in der Hand geschieht.
Ein gewisser Faktor ist auch das Sandwich, in dem er sich mit dem noch aktiven Antonius hinter ihm befindet, dieses Problem löst sich dann aber durch den Fold des Finnen.
Weit vorn oder weit hinten
Auf dem Flop trifft Robl annähernd perfekt und hat damit außer gegen AA, KK oder 88 immer die beste Hand.
Getreu seinem Plan checkt er. Er will Seiver mit seinen Bluffs setzen lassen und natürlich auch schlechtere Value-Hände abkassieren.
Sein Problem wird allerdings sein, dass Seiver die Hand bis zum Ende absolut perfekt spielt. Dessen Check auf dem Flop ist der Tatsache geschuldet, dass er entweder weit vorn oder weit hinten liegt und eine Bet deshalb nur wenig Sinn ergibt – fast alle schlechteren Hände werden gefoldet und nur die besseren callen.
Seiver wartet daher gegen das recht starke Spektrums Robls erst einmal ab und betreibt mit einer Hand Potkontrolle, die ohnehin keine drei Bets bis zum River wert ist.
Komplikationen auf dem Turn
Der Bube als drittes Kreuz auf dem Turn verändert die Sachlage aus Robls Sicht nur unwesentlich. Er hat weiterhin meist die bessere Hand, außerdem den Nut Flush Draw und es können kaum schlechtere Hände callen.
Sein Check ist folgerichtig, genauso wie die Bet Seivers, dessen Hand sich nur scheinbar klar verbessert hat. Mit seinem Two Pair schlägt er nun aber AQ, und außerdem könnte sein Gegner ein Kreuz haben, mit dem er eine Bet bezahlt.
Da er selbst kein Kreuz hat, hätte Seiver auch nichts dagegen, die Hand mit einer Bet zu beenden, anstatt nach einem vierten Kreuz am Ende gegen ein Paar Neunen mit der 9♣ zu verlieren.
Robls Call ist insofern sehr interessant für Seiver, da er dessen Spektrum nun deutlich besser eingrenzen kann. Entweder hat Robl eine sehr starke Hand wie ein Set oder Two Pair oder einen starken Flush Draw. Möglich wäre zum Beispiel K♣ #Qx, wobei sehr fraglich ist, ob Robl damit vor dem Flop wirklich die 4-Bet gecallt hätte.
Totale Blank auf dem River
Als der River mit der 4♠ eine totale Blank bringt, checkt Robl erneut. Hätte er Seivers Hand gekannt, hätte er natürlich gesetzt, aber die meisten schlechteren Hände können nicht callen.
Daher ist ein Check mit der Hoffnung auf einen Bluff – etwa einer Hand mit einem Kreuz, die den Pott auf dem Turn mit einem Semi-Bluff stehlen wollte – durchaus berechtigt.
Seiver jedoch macht seinem Gegner nicht den Gefallen und checkt recht zügig. Viele schwächere Spieler hätten hier aufgrund der eigenen Handstärke gesetzt, aber dabei übersehen, dass Robls Spektrum sehr stark ist und mit AQ eigentlich nur eine realistische schlechtere Hand enthält, die eine Bet callen kann.
Fazit
Poker auf höchstem Niveau, wie Robl und Seiver es demonstrieren, sieht aus der Distanz immer sehr nachvollziehbar und sogar machbar aus.
Hände (vor allem dauerhaft) so perfekt zu spielen, gelingt aber nur den ganz Großen.