Spitzenspieler sind grundsätzlich intelligent. Idioten gewinnen nicht auf Dauer. Wer richtig brillant ist, ist sogar in der Lage, Strategien zu entwickeln, die sich durchsetzen und von der Mehrheit der Spieler verfolgt werden.
Die Genies unter den Spielern versuchen, das Spiel zu schlagen, wie es heute mehrheitlich gespielt wird.
Poker hat sich im vergangenen Jahrzehnt aber dramatisch entwickelt, und die Entwicklung ist nicht aufzuhalten. Was vor zehn Jahren noch Allgemeingut war, kann heute schon albern wirken. Und wer heute eine profitable Strategie besitzt, ist in zehn vielleicht ein Verlierer.
Im Folgenden stellen wir ein paar solcher Strategien vor. Einige der bekanntesten Spieler aller Zeiten geben Tipps, die einfach nicht mehr zeitgemäß.
1) Reraise mit niedrigen Paaren vor dem Flop in Limit Hold’em
Der Autor: Phil Hellmuth
Das Buch: Play Poker like the Pros
Der Tipp: Wenn zu Ihnen geraist wird und Sie ein niedriges Paar halten, sollten Sie besser eine 3-Bet ansetzen als nur callen. Danach können Sie alles repräsentieren, was auf dem Flop erscheint.
Warum der Tipp schlecht ist: Das Problem mit diesem Tipp ist, dass Hellmuth dieses Buch für Anfänger geschrieben hat, und Anfänger spielen viele Hände auf niedrigen Stakes.
Man hat in diesen Partien keine Chance, etwas zu repräsentieren, weil die Spieler auf diesen Limits einfach nur ihre Hände herunterspielen. ihnen ist es egal, dass Sie 3-betten. Das Einzige, was sie interessiert ist, dass sie Top Pair floppen, und dann werden sie unter keinen Umständen folden.
Also stopfen Sie einfach nur Geld in den Pot, das Sie nicht zurückbekommen, es sei denn, Sie floppen ein Set.
Die bessere Taktik: Gerade in Limit Hold’em auf niedrigen Limits sollte man besser nur callen, denn dann bezahlen vielleicht noch mehr Spieler hinter Ihnen. Wenn Sie dann ein Set floppen, bekommen Sie die volle Auszahlung. Wenn nicht, folden Sie.
2) Die 4-Bet bedeutet Asse
Der Autor: Phil Gordon
Das Buch: Little Green Book
Der Tipp: Die vierte Bet bedeutet immer Pocket Asse.
Warum der Tipp schlecht ist: Der Tipp ist eigentlich nicht wirklich schlecht, er ist nur etwas veraltet und falsch.
Gute Spieler 4-betten heutzutage so viel mehr Hände als Asse, es ist kaum zu glauben.
Selbst 5- und 6-Bets sind heutzutage keine sicheren Asse mehr.
Die bessere Taktik: Behandeln Sie jeden Spieler als Individuum.
Bei manchen Spielern ist die 4-Bet ein sicheres Asse-Kennzeichen, bei anderen eben nicht.
3) Wenn man kleine Connectors spielt, müssen sie nicht suited sein
Der Autor: T. J. Cloutier
Das Buch: Championship No-Limit and Pot-Limit Hold’em
Der Tipp: Kleine Connectors müssen nicht suited sein, weil in Multiway-Pots die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass andere Spieler höhere Karten derselben Kartenfarbe haben.
Damit können suited Karten laut Cloutier sogar gefährlicher sein, denn wenn man den Flush zieht, läuft man oft Gefahr, gegen einen höheren Flush zu verlieren.
Warum der Tipp schlecht ist: Unsuited Karten sind praktisch nie besser als Suited Karten.
Die Idee, dass gleichfarbige Karten gefährlicher sind als nicht-gleichfarbige, ist schlicht Unsinn.
Ja, natürlich kann es vorkommen, dass man den Flush zieht und trotzdem verliert. Oft genug zieht man aber zu einer Straight und erwischt noch einen Backdoor-Flush.
Die bessere Taktik: Suited Karten haben mehrere verschiedene Gewinnchancen. Ganz einfach.
4) Erhöhen Sie, um Informationen zu erhalten
Der Autor: David Sklansky
Das Buch: Theory of Poker
Der Tipp: Manchmal sollten Sie in einer Hand erhöhen, um herauszufinden, wo Sie stehen.
Warum der Tipp schlecht ist: Der Tipp ist schlecht, weil die Informationen, die man erhält, oft nicht sehr hilfreich sind.
Nehmen wir an, dass unser Gegner auf den Raise foldet. Das ist schlecht. Wahrscheinlich hatte er einen Bluff, und es wäre besser gewesen, wenn wir ihn hätten weiter bluffen lassen.
Nehmen wir an, wir raisen, und der Gegner bezahlt.
Er könnte einen Draw haben, er könnte eine Hand slow spielen, er könnte also besser sein als wir oder schlechter.
Mit einem Re-Raise könnte er uns zeigen, dass er die stärkere Hand hat. Er könnte aber auch einen starken Draw oder eine schwache Hand sehr hart spielen.
Die bessere Taktik: Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine Hand zu definieren, aber ein Raise gehört im Allgemeinen nicht dazu.
Achten Sie darauf, wie Ihre Gegner in der Vergangenheit gespielt haben. Das gibt Ihnen eine bessere Vorstellung der gegnerischen Range.
Versuchen Sie aktiv, Ihren Gegner aktiv auf eine Range zu setzen. Jede weitere Information wird Sie seiner Hand näher bringen.
5) Variieren Sie die Höhe Ihrer Pre-Flop-Bet
Der Autor: Dan Harrington
Das Buch: Harrington on Hold‘em 1
Der Tipp: In einem Turnier sollten Sie Ihr Eröffnungs-Raise zwischen 2x und 4x willkürlich variieren, damit es den Gegnern schwerer fällt, einen Read auf Sie zu bekommen.
Warum der Tipp schlecht ist: Der einzige Grund, seine Pre-Flop-Eröffnung willkürlich zu ändern besteht darin, dass man seine Raises sonst zu regelmäßig ändert.
Nur wenn Sie immer um denselben Faktor erhöhen, kann Ihr Gegner daran keine Reads oder Tells festmachen, gerade weil der Raise immer gleich aussieht.
Die bessere Taktik: Wenn man ein Turnier spielt, gibt es eigentlich überhaupt keinen Grund, auf vier Big Blinds zu erhöhen.
Bleiben Sie bei Ihrem Standard-Raise von 2 ¼ bis 2 ½ BBs. Damit riskieren Sie weniger Chips und sind genauso effektiv.
Ein Raise auf 4x ist ein unnötiges Risiko.