Wenn es innerhalb der deutschsprachigen Pokerszene um Pokertheorie geht, gibt es keinen, den man damit stärker in Verbindung bringt, als den Regensburger Stephan Kalhamer. Der 37-Jährige ist nicht nur Spieler und Buchautor, sondern vor allem Coach.
Dabei tut er etwas, was dem eigentlichen Charakter eines Pokerspielers – zumindest auf den ersten Blick – wesensfremd ist: er gibt. „Wenn du das Pokerspiel auf den Punkt bringen willst“, so Kalhamer „dann sieht das so aus, dass du dich freiwillig mit deinem Investment an Zeit und Geld einem komplett feindlich gesinntem Umfeld auslieferst. Dabei versuchst du selbst zu jeder Zeit, jedem alles wegzunehmen.“
Eine gnadenlose Wirklichkeit, bei der sich für Stephan Kalhamer die Frage stellte, wie er sein Mindset trotzdem in einer harmonischen Balance halten könnte.
„Ich habe am Lehren vor allem deswegen Spaß, weil ich nicht immer den Schwachen, Betrunkenen und Eitlen suchen will, sondern einfach auch mal sagen möchte: Hey, dir wäre geholfen, wenn du das und das in Zukunft einfach mal anders machst.“
Das Coachen und Schreiben ist dabei der Ausgleich, das Konstruktive zum reinen Ausnehmen und Zerstören.
Laut Kalhamer muss man als guter Poker-Coach vor allem drei Dinge unter einen Hut bringen. Man muss ein vernünftiger Spieler sein. Man sollte eine gute Ansprache haben. Und man muss ein guter Entertainer sein.
„Es gibt Coaching, da bin ich nicht mehr als ein Pausenclown. Da fahr ich die ganze Zeit unter meinem Level bin aber lustig und unterhaltsam.“
Bei anderen Seminaren, so der studierte Mathematiker und Wirtschaftsinformatiker wäre er theoretisch stark gefordert. „Und letztlich gibt es auch Kunden, die muss ich durch meinen Background als Pokerspieler überzeugen.“
Dabei ist es für einen Poker-Coach überaus wichtig beherrscht und höflich zu sein. „Im Prinzip musst du ja jemandem sagen, dass er sich wie ein Depp verhält, ohne dass er es dir übel nimmt.“
Die für Stephan Kalhamer allerdings wichtigste Eigenschaft eines Poker-Trainers liegt in seiner Fähigkeit, sich seiner Verantwortung gegenüber seines Klienten bewusst zu sein und danach zu handeln.
„Oftmals darf ich meinen Kunden nicht wirklich das Pokerspiel beibringen, sondern muss sie eher von ihren realistischen Möglichkeiten überzeugen. Ich hatte schon Leute vor mir sitzen, die haben ihre gut bezahlte Stellung gekündigt um Pokerprofi zu werden, nur weil sie mal ein Lucky Dollar-Turnier gewonnen haben.
Da muss man dann extrem aufpassen, dass man nicht sagt: Hey, schlag dir den Schwachsinn aus dem Kopf. Dann landet er woanders und wird brutal abgezockt. Ich will ihm eigentlich zeigen, was er über das Spiel alles nicht weiß und dass er auch in diesem Business nichts geschenkt bekommt.“
Dabei geht es beim Coachen natürlich auch um das Talent, Wissen vermitteln zu können. Stephan Kalhamer hat diese Neigung schon in seiner Jugend erkannt.
„Ich habe schon in der Schule und auch im Studium sehr viel Nachhilfe gegeben. Sogar in Fächern, die ich selber nicht mal hatte.
Dabei ging es dann oftmals nur um Prüfungs-Strategien: wie erkennt man schnell in welchen Aufgaben man punkten kann und welche Aufgaben man besser gleich ganz weg lässt.“
Selber Poker spielt Stephan Kalhamer seit über 20 Jahren. Er ist Autor des Buches „Texas Holdem Poker“ (2005), Co-Autor des Buches „Poker-Matrix“ (2007) und Gründer und Inhaber der Firma „Gaming-InstitutE“.
Als der 37-Jährige vor acht Jahren mit dem Poker-Coaching begann, hat er alle 14 Tage mal ein fünf Stunden Seminar gehalten. Heute sind es im Monat etwa fünf bis sechs Ganztages-Seminare.
Alles, was zeitlich darunter ist, machen seine Coaches an mittlerweile 16 Standorten in Deutschland, Österreich, der Schweiz und auf Mallorca.
„Im Prinzip kann ich bei Anfrage an jedem Standort in drei Stunden Betriebsbereitschaft herstellen. Das Ganze kostet dann 150 Euro pro Stunde.“
Dabei will Stephan Kalhamer den selber kreativ denkenden, gewinnenden Spieler ausbilden. Ein Ansatz, zu dem es auch einen Gegenentwurf in der Pokerwelt gibt.
Poker-Coaches, die mit Blogs, Videos und Skype-Gesprächen trainieren, produzieren eher den schnell entscheidenden, nicht verlierenden Fließbandspieler. Und auch das funktioniert.
Eine Gefahr für sein Business-Modell sieht Stephan Kalhamer nicht. „Als Konkurrenz betrachte ich eigentlich nur die Study Group, den Think Tank professioneller Pokerspieler. Ich sage meinen Klienten immer:
Entweder Ihr kommt immer wieder zu mir oder Ihr macht euch selbst argumentativ so attraktiv wie möglich. Denn dann werdet ihr automatisch andere gute Pokerspieler kennen lernen und mit ihnen in einen Wissensaustausch treten.“
Coole Pokerjobs - die Serie
- Teil 1 - die Masseurin
- Teil 2 - Dealer/in
- Teil 3 - Coach
- Teil 4 - Blogger
- Teil 5 - Ernährungsberater
- Teil 6 - Pokerroom-Manager
- Teil 7 - Journalist
- Teil 8 - TV-Moderator
- Teil 9 - Pokeragent
- Teil 10 - Floorman
- Teil 11 - Consultant
- Teil 12 - Fotograf
- Teil 13 - Turnierleiter
- Teil 14 - Video-Presenter
- Teil 15 - Livestream-Kommentator