Am vergangenen Sonntag wurde in Melbourne das Main Event der Aussie Millions entschieden. Der Amateur Shurane Vijayaram besiegte dabei nicht nur die gesamte Weltelite, er zeigte auch mit einem sensationellen Hero-Call in der letzten Hand zu welchen Leistungen Spieler wie er fähig sind. Wir schauen uns noch einmal an, wie Vijayaram den Briten Heath richtig las und mit sehr wenig auf der Hand einen brillanten Call machte.
Ausgangslage und Spiel bis zum River
Wir steigen ein ins Heads-Up des Main Event der Aussie Millions. Ben Heath und der australische Amateur Shurane Vijayaram haben bereits AU$1 Million sicher, doch bringt der Sprung nach ganz vorn neben dem Siegerarmband noch einmal AU$600.000 obendrauf.
Bei Blinds von 80.000/160.000 hat sich Vijayaram mit ca. 16 Millionen zu 5,4 Millionen eine ziemlich klare Führung erspielt und damit beste Chancen, die Sensation zu schaffen und sämtliche Profis hinter sich zu lassen.
Er bekommt auf dem Button
und raist auf 350.000. Heath callt, und es geht mit 700.000 im Pott und effektiven Stacks von 5 Millionen auf den Flop. Der bringt
Heath checkt, Vijayaram setzt 400.000 und Heath callt. Damit sind 1,5 Millionen im Pott und die effektiven Stacks betragen 4,6 Millionen. Der Turn bringt die
Heath checkt, Vijayaram setzt 500.000 und Heath checkraist auf 1,4 Millionen. Nach kurzem Nachdenken callt Vijayaram, und damit sind 4,3 Millionen im Pott und die effektiven Stacks betragen 3,2 Millionen. Der River bringt die
Heath geht von vorn All-In und Vijayaram verfällt in mehrminütiges Nachdenken. Schließlich callt er mit seinem Fifth Pair und gewinnt gegen Heaths Bluff mit
Die gesamte Hand gibt es hier noch einmal in bewegten Bildern (die Anzeige der Einsätze ist allerdings zeitweilig fehlerhaft):
Analyse und Bewertung
Wer mit einem solchen Call ein so wichtiges Turnier wie die Aussie Millions gewinnt, hat seinen Eintrag in den Geschichtsbüchern sicher.
Wir wollen uns hier noch einmal anschauen, was Shurane Vijayaram durch den Kopf ging und letztlich zum Call brachte.
Vor dem Flop bringt Vijayaram, der zuvor nie bei einem großen Turnier im Preisgeld gelandet war, einen normalen Raise vom Button mit seinem niedrigen Paar.
Ben Heath hat mit K8o eine leicht überdurchschnittlich Hand, mit der er sich auf jeden Fall den Flop anschauen möchte.
Der Flop ist für beide Spieler recht günstig, aber die Spektren sind im Heads-Up per se recht breit und damit schwer einzuschätzen.
Natürlich bringt Vijayaram eine C-Bet, und natürlich callt Heath mit seiner Overcard und seinem Open-ended Straight Draw.
Zuspitzung auf dem Turn
Der Turn bringt Heath keine Verbesserung seiner Hand, aber bei seinem Call auf dem Flop hatte er schon einen Plan B in petto.
Er checkt, worauf Vijayaram durchaus auch checken könnte. Er hat einen doppelten Gutshot und mit seinem Paar Showdown Value, allerdings kann sein Gegner durchaus mit einigen schlechteren Händen, wie etwa einer Acht oder sogar Overcards, callen.
Unterm Strich gefällt ein Check aber besser, da Vijayaram so den Pott nicht unnötig aufblähen würde.
Heath nutzt nun die Situation für einen Semi-Bluff aus, der optimale Chancen bietet.
Könnte er mit seinem König hoch eine bessere Hand wie Ass hoch oder ein Paar zum Folden bekommen, wäre das ein vorzügliches Ergebnis und würde seinen Stack wieder näher an Vijayarams heranbringen, außerdem kann er nach einem Call immer noch seine Hand treffen.
Das Problem an seinem Move ist, dass ein Check-Raise immer stark nach Bluff riecht und die vielen Draws, die auf dem Board möglich sind, diesen Eindruck noch verstärken.
Vijayaram hat neben seinem Paar, das immer noch die beste Hand sein könnte, seine beiden Gutshots, aber auch das Problem, dass er mit ihnen mitnichten zu den Nuts drawt.
Dennoch kann er an dieser Stelle, in der der Gegner das Board perfekt für einen Bluff ausnutzen kann, noch nicht aufgeben, muss andererseits aber auch jetzt schon mit dem Äußersten auf dem River rechnen.
Kein Zurück
Die Karte auf dem River hat an den bestehenden Kräfteverhältnissen wenig geändert, sofern keiner der beiden Spieler zufällig eine Dame in der Hand hat.
Heath hat seinen Draw nicht materialisiert, entscheidet sich aber, mit einem All-In eine Hand in der Nähe der Nuts zu repräsentieren, also eine Straight oder ein Set.
Natürlich weiß auch Vijayaram, dass die Dame im Grunde nichts an den Kräfteverhältnissen geändert hat, die Frage ist also schlicht, ob Heath „es“ hat oder nicht.
Bei derart breiten Spektren – wir erinnern uns, beide Spieler sind mit etwa 70 bis 80 Prozent ihrer Hände auf dem Flop angetreten – ist es sehr schwer, Für und Wider gegeneinander abzuwägen.
Vijayaram und der Hero Call
So ist es auch kein Wunder, dass Vijayaram vor sich hin murmelt, „Was zur Hölle hast du?“.
Ein entscheidender Aspekt ist aber, dass er Heath zwar auf über 10 Millionen Chips aufdoppeln würde, bei einer Niederlage aber immer noch etwa gleich viele Chips wie sein Gegner hätte.
Unter solchen Voraussetzungen fällt es natürlich deutlich leichter, den Helden zu spielen, und mit einem reinen Bluff-Catcher einen Call auszupacken.
Dazu kommt, dass recht wenigen wirklich starken Händen wie T8, 85, 54 oder Sets mit 77 oder 66 sehr viele Draw-Hände mit zwei Kreuz, einer Acht oder schlicht zwei Overcards gegenüberstehen und damit ein Bluff umso wahrscheinlicher wird.
Dennoch kann man nur den Hut ziehen vor dem Amateur, der sich nicht aus der Ruhe bringen lässt und letztlich die richtige und vor allem spektakulärste Entscheidung trifft.
Fazit
Shurane Vijayaram verdient sich seinen Sensationssieg beim Main Event der Aussie Millions mit einem der krassesten Calls des bisherigen Jahres.
Ben Heath polarisiert nicht nur sein Spektrum maximal, sondern übt auch maximalen Druck auf seinen Gegner aus, doch der behält einen kühlen Kopf und wird mit dem Sieg und AU$600.000 zusätzlichem Preisgeld belohnt.
Welch Spektakel!