Ein Set Könige ist eine enorm starke Hand, aber auf dem River nicht unbedingt die Nuts. Beim teuersten Live-Turnier des Jahres 2016, dem $300.000 Super High Roller Bowl, trifft der starke Poker-Amateur Talal Shakerchi seinen dritten König, muss aber eine Straight bei seinem Gegner befürchten. So kommt es, dass Connor Drinan mit einer starken zweitbesten Hand Glück im Unglück hat.
Ausgangslage und Spiel bis zum River
Wir verfolgen die Frühphase des teuersten Live-Turniers des Jahres 2016, das offen für Profis und Amateure war. Beim $300.000 Super High Roller Bowl sind renommierte Profis wie Erik Seidel oder Phil Galfond genauso dabei wie erfahrene und betuchte Amateure wie John Morgan, Kathy Lehne oder Cary Katz.
Ein solcher Amateur ist auch Talal Shakerchi (250.000 Chips), und aus dessen Perspektive wollen wir diese Hand verfolgen.
Bei Blinds von 1.000/2.000 und 100 Ante eröffnet Shakerchi in erster Position mit
auf 4.200 und bekommt nur einen Caller, Connor Drinan (230.000 Chips), der in dritter Position bezahlt. Damit sind 12.200 Chips im Pott, die effektiven Stacks betragen 226.000.
Der Flop bringt
Shakerchi setzt 6.500, Drinan callt. Im Pott sind 25.200, die effektiven Stacks betragen 220.000.
Der Turn bringt die
Shakerchi setzt 13.200, Drinan raist auf 35.000, Shakerchi callt. Im Pott sind 95.200, die effektiven Stacks betragen 185.000.
Der River bringt den
Shakerchi checkt, Drinan setzt 40.000 und Shakerchi callt mehr oder weniger sofort. Er gewinnt den Pott mit 175.200, sein Gegner hatte
Hier die gesamte Hand noch einmal in bewegten Bildern:
Analyse und Bewertung
Nicht nur aus Sicht des Zuschauers, der die Hole Cards kennt, ein dramatisches Duell, das sich da zu Beginn des Super High Roller Bowls abspielte.
Schauen wir uns noch einmal die Aktionen der Spieler an und legen besonderes Augenmerk auf den River und die Frage, ob Shakerchi womöglich Chips verschenkt hat.
Vor dem Flop verläuft alles völlig normal – Shakerchi hat die zweitbeste Starthand und bekommt einen Caller auf Platz 3.
Zu Beginn eines Turniers spielen Profis gern viele Hände, doch das Spektrum von Drinan ist trotzdem ziemlich stark und besteht vor allem aus allerlei Paaren und Broadway-Händen, vereinzelte Suited Connectors wie JTs oder 98s sind aber nicht auszuschließen.
Auf dem Flop hat Shakerchi meist die beste Hand und kann von vielen schlechteren Händen bezahlt werden, wie etwa schwächeren Paaren wie JJ, 88, 77 oder diversen Draws: Overcards, Straight Draws mit QJ oder selten J8s bzw. 87s und Flush Draws mit zwei Herz wie A♥ Q♥.
Call oder Raise mit Top Set zum Ersten
Aus Drinans Sicht stellt sich dagegen die Frage, ob er raisen oder nur callen soll. Durch die beiden Herz und das auch sonst recht drawlastige Board könnte er gut einen Semi-Bluff vortäuschen, doch würde er damit immer noch den Großteil von Shakerchis Spektrum zum Folden bekommen, etwa AK, AQ oder weitere Broadway-Hände.
Mit einem Call lässt er Shakerchi dagegen mit dessen gesamtem Spektrum auf den Turn und ermöglicht ihm dort
1. einen weiteren Bluff oder
2. einen teuren Treffer zur zweitbesten Hand oder
3. eine weitere „Value Bet“ mit der vermeintlich besten Hand
Unterm Strich sprechen diese Möglichkeiten dafür, dass der Call die beste Variante ist.
Minimale Veränderung auf dem Turn
Durch die 6♣ auf dem Turn sind die Nuts nun 87, doch ist das aus Sicht von Shakerchi zunächst nicht mehr als eine extrem vage Möglichkeit für die Hand seines Gegners.
Viel wahrscheinlicher ist, dass er einen Draw oder ein schwächeres Paar hat. Demzufolge ist auch an der erneuten Bet des Briten nichts auszusetzen, doch als er von Drinan, der nun verständlicherweise mehr Chips gewinnen will, geraist wird, muss er dessen Spektrum neu interpretieren.
Durch den Raise fallen Hände wie JJ oder QQ komplett aus, da Drinan damit nur callen würde. Möglich sind neben den schon angesprochenen 87 (fast immer suited) vier Sets (TT, 99, 55 und etwas unwahrscheinlicher 66, da Drinan damit auf dem Flop oft gefoldet hätte) und einige Semi-Bluffs wie A♥ Q♥ oder gar Q♥ J♥.
Gegen dieses Spektrum bringt ein Reraise rein gar nichts, da die Draws alle folden müssten und nur die besseren Hände zum All-In bereit wären.
Ein Fold wäre aber allzu ängstlich und hätte zur Folge, dass Shakerchi zur permanenten Zielscheibe der Profis würde – kurzum ein Call ist genau der richtige Spielzug.
Call oder Raise mit Top Set zum Zweiten
Der River bringt Shakerchi seine Traumkarte, denn er hat zwar „nur“ die Third Nuts (seine Hand wird von 87 und QJ geschlagen), aber alle Sets überholt.
Sein Check ist folgerichtig, da Drinan nach einer Bet alle geplatzten Draws wegschmeißen würde, so aber mit allen guten Händen und vermutlich auch einigen Bluffs setzt.
Aus Drinans Sicht ist eine Bet obligatorisch, denn es gibt immer noch viele schwächere Hände, die ihn bezahlen können, wie etwa AA, A♥ K♥, QQ, JJ oder gar K♥ Q♥ bzw. K♥ J♥.
Normal wäre nach Drinans Bet von 40.000 ein längeres Nachdenken von Shakerchi gewesen, etwas überraschend annonciert der extrem erfahrene Amateur aber sofort einen Call.
Völlig korrekt
Schauen wir zunächst noch einmal auf die Größe des Potts und die restlichen Stacks sowie Drinans Spektrum, bevor wir der Frage nachgehen, ob Shakerchi hier hätte raisen sollen.
Im Pott sind nach Drinans Bet 135.200 Chips und die effektiven Stacks betragen 185.000, d.h. ein Raise in Pottgröße entspräche quasi einem All-In, das wiederum nur von den Nuts gecallt würde.
Schauen wir nun auf Drinans Spektrum. Er kann haben:
1. Geplatzte Draws, sehr selten Two Pair mit T9 oder vielleicht sogar AK
2. Vier Sets, QJ und 87
Gegen Kategorie 1 kann Shakerchi keine zusätzlichen Chips gewinnen, da Drinan nach einem Raise praktisch immer foldet.
Die Hände aus Kategorie 2 teilen sich dagegen in die Kombinationen auf, die Shakerchi schlägt, und in die Kombinationen, gegen die er verliert, das Problem ist aber, dass nicht alle gleich wahrscheinlich sind.
TT, 99 und 55 sind wahrscheinlicher als 66, nehmen wir aber der Vereinfachung halber an, diese 24 Kombinationen wären alle gleich wahrscheinlich.
Dem gegenüber stehen insgesamt 32 stärkere Kombinationen mit QJ und 87, wobei anzunehmen ist, dass Drinan 87o in dieser Position so gut wie nie spielt. Diskontiert man diese Hand komplett, kommt man auf 20 Hände – die beiden Spektren umfassen also ähnlich viele Hände.
Bleibt als Letztes die Frage, ob Drinan mit den Sets überhaupt einen Raise callen würde. Gegen ein All-In würde er sicher folden, und da Shakerchi somit fast immer nur von besseren Händen gecallt würde, ist sein Verzicht auf einen Raise absolut korrekt.
Fazit
Wechselndes Schlachtenglück haben Talal Shakerchi und Connor Drinan in dieser spektakulären Hand, und am Ende kann der Profi froh sein, nicht mehr Chips verloren zu haben.
Shakerchi war von dem unerwarteten River offenbar so verblüfft, dass er seine Möglichkeiten gar nicht genauer unter die Lupe nahm, er traf aber die richtige Entscheidung.