Was einen Weltklassespieler vom Normalsterblichen unterscheidet, erleben wir dieses Mal in unserer Hand der Woche. Daniel Colman steht beim teuersten Cashgame des Jahres 2015 gegen Scott Seiver mit Assen vor einer ganz schwierigen Entscheidung.
Es gelingt ihm aber dann, in einem $500.000 Pott das Richtige und spart $300.000. Wie es dazu kam und was er sich vermutlich dabei dachte, erfahrt Ihr hier!
Ausgangslage und Spiel bis zum River
Einmal mehr blicken wir auf das Super High Roller Cash Game, das vergangenes Jahr im Aria von Las Vegas ausgerichtet wurde.
Nachdem wir uns zuletzt der „Amateurrunde“ zuwandten, schauen wir dieses Mal auf die weltbesten Profis wie Andrew Robl, Sam Trickett, Doug Polk, Dan Colman und Scott Seiver.
Die Stacks betrugen teilweise astronomische Summen – außer Polk sitzen alle Spieler mit mindestens einer halben Million Dollar am Tisch.
Nach einem Fold von Doug Polk raist Andrew Robl auf $2.400, dahinter findet Dan Colman (Stack $583.000)
und reraist auf $8.500. Auf dem Button sitzt Scott Seiver (Stack $620.000) und bringt die 4-Bet auf $24.000. Robl foldet, aber Colman erhöht noch einmal auf $70.000.
Seiver überlegt kurz und callt dann. Im Pott sind $144.800, die effektiven Stacks liegen bei $513.000. Der Flop bringt
Colman setzt $50.000 und Seiver callt. Im Pott sind $244.800, die effektiven Stacks liegen bei $463.000. Der Turn bringt die
Dieses Mal checkt Colman, worauf Seiver $120.000 setzt. Nach längerem Nachdenken callt Colman. Im Pott sind $484.800, die effektiven Stacks liegen bei $343.000. Der River bringt die
Colman checkt wieder, und Seiver setzt ihn mit den restlichen $343.000 All-In. Colman überlegt eine knappe Minute und foldet dann.
Seiver gewinnt den Pott mit $828.000 – er hielt
und damit ein Set!
Hier die Hand mit Holecards in bewegten Bildern:
Analyse und Bewertung
In einem gewaltigen Pott schafft es Dan Colman, sich auf dem River von seinen Assen zu trennen und so über $300.000 zu sparen. Schauen wir noch einmal auf den Verlauf der Hand und wie dieser zu seiner Entscheidung beitrug.
Vor dem Flop geht es schon hoch her, und alle Aktionen sind absolut nachvollziehbar. Robl hat mit Achten eine gute Hand, muss diese aber aufgeben, als er ins Sandwich von Colmans 3-Bet und Seivers 4-Bet gerät.
Seiver hat die Hand sehr aggressiv gespielt, weil die Spektren seiner Gegner aufgrund ihrer Positionen Hijack und Cut-off sehr breit sind und er die Hand nicht nur auf Set Value spielen will.
Die passivere Variante nach Colmans 3-Bet wäre ein Call gewesen, wonach auch Robl gecallt hätte und Seiver seinerseits im Sandwich wäre und auf einem Flop ohne Neun fast nie wüsste, wo er steht.
5-Bet und Call
Mit Assen will Dan Colman natürlich so viel Geld wie möglich in den Pott bringen, daher ist sein abermaliger Reraise nur logisch. Nach seiner 5-Bet sind knapp $100.000 im Pott und Seiver muss sich fragen, ob er mit seiner Hand callen soll.
Zunächst muss er das gegnerische Spektrum beleuchten, dass vermutlich aus JJ, QQ, KK, AA und AK besteht. Dagegen liegt er mit seinen Neunen natürlich klar hinten, daher lautet die nächste Frage, ob er den richtigen Preis bekommt, um auf ein Set zu spielen.
Entscheidend sind hierfür das Geld, das Seiver anschließend noch gewinnen kann – die sogenannten Implied Odds – und der Preis, den er dafür bezahlen muss.
Seiver muss $46.000 bezahlen, und da Colman noch über $500.000 übrig hat, kann er noch mehr als das Zehnfache dessen gewinnen, was er für einen Call aufbringen muss. Das reicht, da er jedes achte Mal ein Set floppt, Position hat und den Pott gegen AK bisweilen auch so gewinnt.
Colman riecht den Braten
Für Colman spielt sich die Hand zunächst logisch weiter. Auf dem extrem trockenen Flop hat er fast immer die beste Hand und kann zum Beispiel von AK gut ausbezahlt werden.
Mit seiner Bet von $50.000 – etwas mehr als ein Drittel des Potts – lädt er Seiver förmlich zum Call ein, doch auf dem Turn geht er dann vom Gaspedal.
Der Grund ist, dass Seivers Spektrum aufgrund des Flop-Calls so stark geworden ist.
An schlechteren Händen, die noch eine Bet callen können, befindet sich eigentlich nur noch AK in Seivers Spektrum, weshalb Colman ein All-In vermeiden möchte und stattdessen einen billigen Showdown anstrebt.
Nach der ersten Bet von Seiver kann Colman die Hand nicht aufgeben. Würde er so spielen, wäre er viel zu anfällig für Bluffs und würde sich allzu oft den Pott stehlen lassen.
Als Seiver ihn auf dem River All-In setzt, schlägt Colman dann aber nur noch Bluffs, denn mit AK würde Seiver eher den Showdown ansteuern.
Saubere Analyse
Colman vermutete Könige bei Seiver, und tatsächlich ist das angesichts der Preflop-Action und dem weiteren Verlauf auch dessen wahrscheinlichste Hand.
Im konkreten Fall hat Seiver zwar mit 99 die andere mögliche Hand (denn mit Zweien hätte er vor dem Flop sicher nicht so gespielt), die Colmans Hand schlägt, aber das spielt für die grundsätzliche Überlegung nur eine untergeordnete Rolle.
Colman traute Seiver einfach keinen so wilden Bluff zu, bei dem er vor dem Flop eine 4-Bet brachte und eine 5-Bet callte und anschließend einmal floatete, ehe er zwei Salven vom Stapel ließ.
Die logische Konsequenz einer solchen Überlegung ist ein Fold, den Colman recht schnell ausführte und so $300.000 sparte, die ein schwächerer Spieler vermutlich verloren hätte.
Fazit
Daniel Colman zeigt seine ganze Klasse, indem er zunächst im richtigen Moment den Fuß vom Gas nimmt und sich schließlich sogar von Assen trennen kann.
Scott Seiver versucht alles, um mit seinem Set den gesamten gegnerischen Stack zu gewinnen, muss aber die Klasse seines Gegners anerkennen und sich mit einem Pott von knapp $500.000 begnügen.
Wo schwächere Spieler achselzuckend ihren Stack verlieren, finden Weltklassespieler einen Ausweg.