Die Pokerwelt freut sich, dass die beliebte Fernsehshow „Poker After Dark“ wieder zu neuem Glanz erstrahlt, und gleich die ersten neuen Folgen mit Tom Dwan, Andrew Robl, Matt Kirk und vielen weiteren brachten einigen spektakuläre Hände. Geschäftsmann und Millionär Bill Klein allerdings musste im bisher größten Pott seit dem Relaunch erleben, wie teuer Fehler in diesem Haifischbecken sind!
Ausgangslage und Spiel bis zum River
Wir steigen ein ins Cashgame mit sechs Spielern bei Poker After Dark, am Tisch sitzen mit Tom Dwan, Andrew Robl, JR Bellande und Matt Kirk vier waschechte Profis, dazu kommen mit Lauren Roberts und Bill Klein zwei betuchte und spielfreudige Amateure.
Gespielt wird mit Blinds von $200/$400, aber ein bis zwei Straddles sind üblich. So auch in dieser Hand, in der Kirk einen Straddle mit $800 und Dwan einen Re-Straddle mit $1.600 gebracht hat.
In erster Position eröffnet Lauren Roberts ($365.000) mit einem Raise auf $5.000, Robl foldet, und Klein ($486.000) findet im Small Blind
Er reraist auf $14.000, Bellande foldet, Kirk ($482.000) callt, Dwan foldet und auch Roberts callt.
Mit drei Spielern und $44.400 geht es auf den Flop, der bringt
Klein setzt $30.000, Kirk raist auf $75.000, Roberts foldet, Klein reraist auf $150.000 und Kirk callt. Im Pott sind $394.400 und die effektiven Stacks betragen $292.000.
Der Turn bringt die
Klein geht mit $292.000 All-In und Kirk callt ohne jegliches Nachdenken.
Der Australier präsentiert
und gewinnt nach der
auf dem River einen Pott mit knapp $980.000.
Die ganze Hand könnt ihr euch hier noch einmal in bewegten Bildern ansehen:
Bewertung und Analyse
„So ein Pech”, scheint Bill Kleins Miene und Körpersprache zu sagen, als er die Bescherung auf dem Turn sieht, und auch manch Fernsehzuschauer mag sich gedacht haben, wie unglücklich Klein hier seinen Stack verloren hat.
Und natürlich ist es sehr unwahrscheinlich und Pech für Klein, dass Kirk mit seiner dominierten Hand einen Volltreffer auf dem Flop landet und die beste Starthand überholt, doch heißt das nicht unbedingt, dass er seinen ganzen Stack verlieren muss.
Schauen wir uns die Hand noch einmal an, um zu sehen, wie Klein einen teuren und pokertechnisch groben Fehler beging.
Vor dem Flop verläuft nach dem Raise von Lauren Roberts zunächst alles normal, denn natürlich sollte Klein mit seinem Monster einen Reraise platzieren, um fast alle Spieler in der loosen Runde von einem Call abzuhalten.
Kirks Call im Straddle mit A4s ist hier sehr loose, aber ein entscheidender Faktor begünstigt bzw. ermöglicht diese Spielweise: die Stacks sind mit weit über 1.000 Big Blinds enorm groß und favorisieren Hände mit Monsterpotential wie Suited Connectors, gleichfarbige Ass und Broadways oder niedrige bis mittlere Paare.
Auch Roberts spielt mit ihren 98s natürlich mit, daher geht es mit drei Spielern auf den Flop.
Kirk heimtückisch, fatale Entscheidung von Klein
Der Flop mit 5♠ 4♦ 4♣ ist das, was man in der Fachsprache trocken nennt. Zwar würde ein Flop mit K72 in drei Farben noch weniger Draws ermöglichen, aber auch dieser Flop hat nur wenigen Händen geholfen und die aktuell beste Hand wird meist bis zum Ende nicht mehr überholt.
Natürlich bringt Klein hier eine Value Bet, denn er kann von vielen schlechteren Händen wie mittleren Paaren oder gar AQ etc. gecallt werden, doch dann erlebt er eine Überraschung.
Matt Kirk raist seine Bet von $30.000 auf $75.000, und er muss sich fragen, womit der Australier so spielt.
Infrage kommen angesichts des Flops vor allem Bluffs oder Semi-Bluffs wie 76s oder A3, aber auch 55, eine Vier oder gar 44 sind nicht auszuschließen. Fast sicher verwerfen kann man aber Hände wie TT oder 99, denn ein Spieler vom Format Kirks würde damit nie raisen!
Warum? Es könnte doch sein, dass Klein AK hat und wenn Kirk diese Hand mit einem Raise zum Folden brächte, hätte er doch ein gutes Ergebnis erzielt, oder nicht?
Gute Spieler spielen nicht so, denn sie verwandeln ihre guten Hände in einer solchen Phase nicht gern in einen Bluff, was nichts anderes bedeutet, dass nur bessere Hände callen und alle schlechteren folden.
Schauen wir uns Kleins Spektrum an, um zu verstehen, wie sinnvoll das ist. Er hat nach seiner 3-bet vor dem Flop ungefähr dieses Spektrum: AA bis 99, AK bis AQ, gelegentliche Bluffs
Hätte Kirk Zehnen, würde er mit einem Raise alle Bluffs und Overcards zur Aufgabe zwingen und allenfalls mit 99 eine schlechtere Hand im Pott behalten.
Klein jedoch kontert hier mit einem Reraise auf $175.000, den eigentlich nur eine bessere Hand und vielleicht KK callen kann. Das Problem wird nach Kirks Call sichtbar: Es sind fast $400.000 im Pott, was soviel bedeutet, dass die restlichen knapp $300.000 ebenfalls in die Mitte wandern, und es ist kaum noch eine schwächere Hand in Sicht, die das callen kann.
Tatsächlich zieht Klein auf dem Turn von vorn durch und geht All-In, nur um wenig später zu erkennen, in welcher Misere er gelandet ist.
Leicht besser wäre an seiner Stelle übrigens Check-Call gewesen, da er damit vielleicht noch einen irrwitzigen Bluff abkassieren kann.
Alternative Spielweise
Schauen wir uns als Kontrast an, was passiert wäre, wenn Klein auf dem Flop korrekt gespielt und Kirks Raise nur gecallt hätte:
Nach Kleins Call wären „nur“ $194.400 im Pott und die Stacks würden $392.000 statt $292.000 betragen. Auf dem Turn würde Klein checken, worauf Kirk vermutlich $100.000 bis $120.000 setzen würde. Callt Klein dann erneut, sind um die $400.000 im Pott und noch um die $290.000 übrig. Natürlich checkt Klein wieder, worauf ihn Kirk All-in setzt.
Mal im Ernst, welche Hand außer einem völlig irrwitzigen Bluff schlägt Klein jetzt noch? Natürlich muss er dem loosen Matt Kirk einen solchen zutrauen, aber ein Fold wäre ebenfalls noch möglich, wenn Klein sich sicher wäre, dass er zurückliegt.
Viel wichtiger aber ist Folgendes: In diesem Szenario hat Klein alle Bluffs in der Hand gehalten und kann mit dem entsprechenden Mut Geld von ihnen gewinnen, aber mit dem Reraise auf dem Flop hat er all diese Hände zum Folden gebracht und wird nur noch von besseren Händen „ausbezahlt“.
Fazit
In einer lehrbuchtauglichen Hand isoliert sich Bill Klein mit einem deplatzierten Reraise auf dem Flop gegen ausschließlich bessere Hände und bezahlt dafür eine teure Rechnung.
Matt Kirk dagegen baut mit einem gut getimten Raise, der schwer nach Bluff aussieht, den Pott auf und wird dafür reich entlohnt.