Mit großer Spannung erwartet, kam es am vergangenen Montag zum Comeback von Poker After Dark – und von Tom Dwan. Der Mann, der die bekannteste Pokerfernsehshow lange entscheidend mitgeprägt hatte, war lange von der Bildfläche verschwunden, kehrte nun aber triumphal zurück. Sein erstes Opfer war Antonio Esfandiari, der in einer üblen Situation landete und nicht den Notausgang fand.
Ausgangslage und Spiel bis zum Ende
In der neuen Staffel von Poker After Dark wird mit Blinds von $200/$400 und einem Button Ante von $400 gespielt.
In unserer Hand sitzen sechs Spieler am Tisch und Antonio Esfandiari hat einen Live Straddle mit $800 gebracht.
Nach Folds der Amateure Roberts und Klein raist Daniel Negreanu auf dem Button auf $3.500. Bellande foldet, aber Tom Dwan reraist auf $14.000.
Antonio Esfandiari schaut in seine Karten und findet
Er reraist auf $41.100, worauf Negreanu länger nachdenkt. Schließlich callt Kid Poker, womit $96.800 im Pott sind, doch Tom Dwan geht nach längerer Pause sogar mit $328.000 All-In.
Esfandiari nimmt sich Zeit und callt schließlich, worauf Negreanu lächelnd seine Hand entsorgt, er hatte:
Dwan aber dreht die beste Starthand überhaupt um und gewinnt mit
beim Deal it twice den gesamten Pott mit $697.100.
Hier die gesamte Hand in bewegten Bildern:
Analyse und Bewertung
Im Internet wurde diese Hand bereits mehrfach diskutiert, und es gab nicht wenige, die sich erstaunt zeigten, dass Esfandiari sich mit den Königen nicht zum Fold entschließen konnte.
Andere wiederum meinten, dass es eben kein Entrinnen für den „Zauberer“ gab und er zum Verlust fast seines gesamten Stacks verdammt war.
Wer hat Recht? Wir schauen uns die gesamte Action noch einmal aus Sicht aller Spieler einzeln an.
Daniel Negreanu mit Damen
Aus Sicht des Kanadiers gibt es zunächst nichts Normaleres als ein Raise vom Button mit der drittbesten Starthand beim Hold’em überhaupt.
Interessant wird es allerdings, als erst Dwan auf $14.000 reraist und dann Esfandiari sogar noch einen mit $41.100 draufsetzt.
Nun kommen alle drei Möglichkeiten für Negreanu infrage, schauen wir sie uns an:
-Reraise (5-bet): Falls Negreanu hier auf einen sinnvollen Betrag reraist, überschreitet er die sogenannte All-In-Schwelle, d.h. er kann nicht mehr folden.
Dies ist mit dieser Hand eine sehr ungünstige Ausgangssituation, da Negreanu bei einem All-in maximal von einem Spektrum mit AA, KK und AK gecallt würde und damit maximal einen Coinflip hätte. Angesichts gleich zweier Spieler, die sehr aggressiv auftraten, ist eine Hand wie AA oder KK nicht unwahrscheinlich.
-Call: Mit einem Call kann Negreanu abwarten, was der hinter ihm aktive Dwan macht. Callt dieser auch, ist sein Spektrum nicht so stark und Negreanu kann sich den Flop ansehen. Raist dieser dagegen noch einmal, bekommt Negreanu durch Esfandiaris Aktion weitere Infos und kann seine Hand billig loswerden.
-Fold: Mit einem Fold kann Negreanu allen Schwierigkeiten aus dem Weg gehen und seine Investition auf $3.500 beschränken. Andererseits hat er es mit zwei aggressiven Spielern an einem sechshändigen Tisch zu tun – da kann man die drittbeste Starthand nicht bei jedem Windhauch weglegen.
Negreanus Call ist daher der beste Spielzug, doch nach Dwans All-In und Esfandiaris Call ist ein Fold unvermeidlich.
Tom Dwan mit Assen
Mit Assen spielt es sich vor dem Flop bei dieser Action leicht, aber eine entscheidende Aktion gibt es doch:
Soll Dwan nach Negreanus Call auf $100.000 reraisen und noch ein wenig Luft lassen oder direkt All-In gehen?
Dwan entschied sich nach längerem (natürlich auch taktischem) Zögern schließlich für das All-In und traf damit die beste Entscheidung.
Das mag im ersten Moment paradox klingen, da Dwan ja unbedingt gecallt werden möchte und es so danach aussehen könnte, dass er sämtliche Kundschaft vertreibt, doch unterm Strich ist es genau andersherum.
Mit dem All-In bringt Dwan, der ja als extrem aggressiver Spieler bekannt ist, in seinem von den Gegnern wahrgenommenen Spektrum auch AK unter und wird deswegen vielleicht von QQ oder gar AK gecallt, während er mit einem niedrigeren Reraise, der immerhin eine 5-Bet ist und förmlich nach einem Call schreit, noch mehr Argwohn schüren würde.
Kommen wir nach Dwans All-In zum letzten Spieler, zu
Antonio Esfandiari mit Königen
Im ersten Setzumlauf gibt es an Esfandiaris Spielweise nicht das Mindeste auszusetzen.
Vor ihm raiste erst Negreanu und dann setzte der aggressive Dwan noch einen obendrauf, daher schadet es mit der zweitbesten Hand sicher nicht, den Pott erstens zu vergrößern und zweitens das Feld vielleicht auf einen Spieler zu reduzieren und die eigene Pot Equity zu erhöhen.
Interessant wird es für ihn allerdings, als Negreanu diese 4-bet im Sandwich callt und Dwan dann sogar noch per 5-bet All-In geht.
Schauen wir uns die Spektren seiner beiden Gegner an:
Negreanu hat hier eine starke, aber nicht überragende Hand wie TT, JJ, QQ oder gar AK, mit der er die weiteren Ereignisse abwarten will. Gegen dieses Spektrum schneiden Esfandiaris Könige sehr gut ab, doch es gibt ja noch Dwan.
Da Dwan schon All-In ist, spielt Negreanus Spektrum nur eine sekundäre Rolle. Die entscheidende Frage lautet also: Womit geht Dwan in dieser Situation All-In und wie schneiden Esfandiaris Könige gegen dieses Spektrum ab?
Gehen wir von einem loosen (AA, KK, AK und QQ), einem tighten (AA, KK, AK) und einem sehr tighten (AA, KK) Spektrum aus und schauen uns an, wie Esfandiari dagegen abschneidet:
-Loose (AA, KK, AK und QQ): 55% Sieg, 5% Teilung, 40% Niederlage
-Tight (AA, KK, AK): 44% Sieg, 7% Teilung, 49% Niederlage
-Sehr tight (AA, KK): 16% Sieg, 14% Teilung, 70% Niederlage
Nun muss man natürlich noch berücksichtigen, dass Esfandiari in einen Pott mit $410.500 genau $287.000 investieren muss, also Pot Odds von 1,4 zu 1 bekommt. Er muss also in 41 Prozent der Fälle gewinnen, um positiv abzuschneiden.
Reicht das gegen Tom Dwan?
Ziemlich sicher, ja. Falls Dwan nicht nur mit AA und KK in dieser Situation All-In geht, ist Esfandiari immer im profitablen Bereich, doch eines ist jedem erfahrenen Cashgame-Spieler in dieser Situation gemeinsam: Man callt mit Königen nicht gern!
Fazit
In einer äußerst unglücklichen Situation verliert Antonio Esfandiari einen Monster-Pott mit fast $700.000, weil sein Gegner Tom Dwan kein Rock ist, der nur die Nuts spielt, sondern ein recht breites Spektrum hat.
Wieder einmal zeigt sich, dass Könige bei Stacks von deutlich über 100BB (in diesem Fall sogar 800BB) eine unangenehme Hand für Preflop-All-Ins sind.