Einer der Höhepunkte des Pokerspätsommers war ohne Frage das Poker Masters in Las Vegas. Zum krönenden Abschluss gab es dort ein $100.000-Turnier, an dem sich insgesamt 36 Spieler beteiligten und um eine Siegprämie von über $1,5 Millionen konkurrierten. Schon vor dem Preisgeld schieden Brian Rast und Phil Hellmuth aus, doch lieferten sich die beiden eines denkwürdigsten Duelle des gesamten Turniers.
Ausgangslage und Spiel bis zum River
Wir befinden uns in den letzten Minuten von Tag 1 des $100k-Turniers der Poker Masters, aktuell sind noch siebzehn Spieler dabei und Daniel Negreanu ist bei Blinds von 2.000/4.000 plus 4.000 Big-Blind-Ante Chipleader.
Ebenfalls glänzend im Rennen liegt Brian Rast, der 712.500 Chips (178BB) hat und auf dem Button
Bekommt. Nach zwei Folds vor ihm raist er auf 10.000, Dan Shak foldet, aber Phil Hellmuth (189.000 Chips; 47BB) reraist im Big Blind auf 34.000.
Rast callt, damit sind 74.000 im Pott und Hellmuth hat noch 151.000 Chips vor sich stehen.
Der Flop bringt
Hellmuth checkt, Rast checkt. Im Pott sind weiterhin 74.000, und die effektiven Stacks betragen nach wie vor 151.000.
Der Turn bringt die
Hellmuth setzt 45.000, Rast callt. Im Pott sind damit 164.000, und die effektiven Stacks betragen nur noch 106.000.
Der River bringt die
Hellmuth setzt 66.000 und lässt sich damit 40.000 Chips übrig. Rast nimmt sich zwei zusätzliche Minuten Bedenkzeit und callt schließlich mit dem dritthöchsten Paar.
Hellmuth muss seinen Bluff mit
zeigen und hat nur noch 40.000 Chips übrig. Recht bald danach schied er aus.
Analyse und Bewertung
Eine recht seltsame Hand, in der beide Kontrahenten mit sehr schwachen Starthänden aufeinander losgehen und Rast am Ende mit sehr wenig auf der Hand einen großen Pott mit 74 Big Blinds gewinnt.
Schauen wir uns noch einmal an, was die beiden Spieler zu ihren Aktionen brachte, und versuchen zu ergründen, warum Rast am Ende diesen grandiosen Call auspacken konnte.
Trotz seiner recht schwachen Hand ist Rasts Preflop-Raise vom Button Standard. Er hat einen großen Stack, mit dem er Shak und Hellmuth aus dem Turnier befördern kann und Position, außerdem eine Hand, die durchaus Potential hat.
Nach Shaks Fold greift Phil Hellmuth mit seinem recht kleinen Stack zu einer drastischen Maßnahme und reraist. Er weiß, dass Rast ein sehr breites Spektrum hat, doch sollte man sich dreimal überlegen, ob man gegen einen Weltklassemann wie Rast mit einer Hand wie Q6o ohne Position antreten möchte. Wir werden gleich sehen, warum.
Rast lässt sich nämlich nicht einschüchtern und spielt seine niedrigen Suited Connectors in Position einfach weiter. Natürlich liegt seine Hand gegen Hellmuths Spektrum klar hinten, aber ein Call kostet Rast nur einen geringen Prozentsatz seines Stacks und gute Spieler folden nicht gern!
Was repräsentiert Hellmuth?
Auf dem Flop mit drei niedrigen Karten und zwei Kreuz checkt Hellmuth und begrenzt damit sein Spektrum.
Mal im Ernst, wer würde hier mit einem Overpair checken? Entweder handelt es sich also um einen ausgebufften Trickspielzug oder eine Hand mit zwei hohen Karten, die sich nicht verbessert hat.
Rast hat ein Paar getroffen, doch natürlich hat es keinen Sinn, hier zu setzen, da im Grunde nur bessere Hände callen.
Auf dem Turn mit der 9♦ packt Hellmuth dann eine Bet aus. Hat ihm die Neun geholfen oder hatte er schon etwas auf dem Flop? Möglich ist auch ein Flush Draw in Karo oder ein Combo-Draw, den er eben bekommen hat, oder einfach gar nichts. Wie auch immer, seine Spielweise hinterlässt auf jeden Fall einen inkonsistenten Eindruck und wirkt in sich nicht schlüssig.
Genau das animiert Rast zu einem Call, denn einerseits könnte er weiterhin die beste Hand haben oder aber selbst den Karo-Flush repräsentieren, wenn er auf dem River ankommt.
Bauerntrick auf dem River
Der River bringt eine weitere niedrige Karte und das dritte Karo, doch Hellmuth zögert, im Video deutlich sichtbar, erst einen Moment, ehe er von seinen restlichen 106.000 knapp zwei Drittel investiert.
Was hat eine solche Bet zu bedeuten? Nun, es gibt zwei Möglichkeiten.
1. Hellmuth hat eine Hand, die so stark ist, dass er auf jeden Fall gecallt werden möchte, und mit der niedrigen Bet einen Call provozieren will, den er bei einem All-In vielleicht nicht bekäme.
2. Er hat nichts, und will genau diese Suck Bet repräsentieren, ohne auszuscheiden, wenn er gecallt wird.
Hellmuths Hand ist also extrem polarisiert, und dazu kommt, dass seine gesamte Spielweise bis hierhin inkonsistent war.
Eine Hand allerdings passt perfekt zu seinem Spiel: der Runner-Runner-Flush.
Es kann durchaus sein, dass Hellmuth den Flop verpasste, dann zurücksteckte, aber auf dem Turn einen Semi-Bluff startete, um den Pott vielleicht gleich zu gewinnen und dann noch einmal auf dem River nachlegte, um weitere Chips zu gewinnen.
Warum aber geht er dann nicht All-In, um das Maximum an Chips zu gewinnen?
Rast überlegt – und schlägt zu
All das weiß Rast natürlich, aber gleichzeitig ist es extrem schwer, mit einer so schwachen Hand wie einem Paar Fünfen auf dem River eine solche Bet zu bezahlen.
In Hellmuths Spektrum befinden sich allerdings so viele schwache Hände wie AK, AQ usw., die allesamt von der Spielweise absolut plausibel sind, dass ein Call extrem reizvoll ist.
Eine denkbare gute Hand von Hellmuth könnte noch A9 sein, doch muss man sich fragen, ob Hellmuth damit erstens vor dem Flop gereraist und dann ab dem Turn zweimal durchgebarrelt hätte.
Unterm Strich sind vermutlich zwei Punkte ausschlaggebend, derentwegen Rast letztlich callt:
1. Hellmuths Spektrum ist eher schwach als stark.
2. Seine Spielweise samt der merkwürdigen Bet auf dem River ist suspekt und inkonsistent.
Dazu kommt, dass Rast nicht ausscheiden kann und weiter einen intakten Stack hat, wenn er die Hand verliert.
Fazit
Mit einem starken Call gegen ein schwaches Spektrum fügt Brian Rast dem Poker Brat die vorentscheidende Niederlage beim Poker Masters zu.
Womöglich war Hellmuths niedrige Bet auf dem River ein wenig zu raffiniert – mit einem All-In hätte er den Super-High-Roller-Bowl-Sieger von 2015 vermutlich zum Folden gebracht.