Einmal mehr wollen wir in unserer Hand der Woche einen Blick zurück werfen. Wieder schreiben wir das glorreiche Highstakes-Jahr 2009, doch dieses Mal heißen unsere Protagonisten Tom durrrr Dwan und Martonas, ein schwedischer Spieler, der erst einen irren Lauf hinlegte und dann brutal abstürzte.
Da Duell der beiden zeigt, wie schnell sich beim Poker alles ändern kann und eine einzige River-Karte alles über den Haufen schmeißt. Wir verfolgen das Geschehen aus der Perspektive von Tom durrrr Dwan.
Ausgangslage und Spiel bis zum River
Gespielt wird No-Limit Hold’em mit Blinds von $500/$1.000 und es sitzen fünf Spieler am Tisch. In zweiter Position raist Cole South auf $3.000, Patrik Antonius foldet auf dem Button, aber Martonas im Small Blind reraist auf $12.000. Dahinter ist Tom durrrr Dwan im Big Blind und hält
Bei effektiven Stacks von 300BB reraist Dwan auf $35.600. South foldet, aber Martonas callt. Im Pot sind $74.200, die effektiven Stacks betragen knapp $265.000. Der Flop bringt
und beide Spieler checken. Es folgt der Turn mit der
Nun setzt Martonas von vorn $78.000 und Dwan callt. Im Pot sind $230.200 und die effektiven Stacks betragen $187.000. Der River bringt die
Martonas geht All-In und Dwan callt. Martonas dreht
für das gefloppte Set um und verliert gegen Dwans geriverte Straight. Der Pot mit knapp $604.000 geht an Tom durrrr Dwan.
Analyse und Bewertung
Mit einem versteckten Monster gewinnt Tom Dwan hier einen riesigen Pot, doch gibt es einige interessante Momente in dieser Hand, die eine nähere Betrachtung verdienen.
Dwans 4-Bet im Big Blind mit einer spekulativen Hand wie 5♠ 4♠ ist bei diesen Stacks kein schlechter Spielzug. Mit effektiven Stacks von 300BB bekommt Dwan enorme Implied Odds, und er kann fast sicher mit einer guten Auszahlung rechnen, wenn er trifft, da seine Hand gut verschleiert ist.
Martonas entscheidet sich mit seinen Königen zu einer trickreichen Spielweise, indem er nur callt. Auf diese Weise repräsentiert er eine deutlich schwächere Hand als seine tatsächliche und kann so auf eine bessere Auszahlung hoffen. Der Nachteil ist allerdings, dass er die Hand bei sehr großen Stacks ohne Position weiterspielen muss.
Der Flop bringt eine Bilderbuchkonstellation aufs Board. Während Martonas das Top Set bekommen hat, hat sich Dwans spekulative Hand zu einem Open-ended Straight Draw entwickelt. Ein wichtiger Faktor von Dwans Hand ist, dass er das untere Ende der Straight mit einem Ass bekommt – also einer Karte, die sich häufig in Martonas‘ Spektrum befindet.
Interessant ist auch die Setzfolge. Während Martonas mit seinem Monster klassisch zum Raiser checkt, ist der Check von Dwan etwas überraschend. Das Board passt sehr gut zu seinem Spektrum und damit wäre eine C-Bet folgerichtig. Sein Gegner würde danach sicher einige bessere Hände folden, doch offenbar denkt sich Dwan, dass er ihn
a) später immer noch zum Folden bekommt oder
b) ein Monster mit voller Auszahlung bekommen kann.
Mit der 4♦ ändert sich für Martonas wenig. Er hat zwar nicht mehr die Nuts (die sind nun 65), doch gibt es immer noch sehr viele schlechtere Hände, mit denen ihn Dwan auszahlen kann. Mit $78.000 setzt er mehr als Pot, wodurch die Bet ein wenig nach Bluff aussieht.
Dwan hat weiterhin seinen Straight Draw, auf einmal aber auch ein Paar. Sollte sein Gegner tatsächlich bluffen (zum Beispiel mit einem gerade angekommenen Flush Draw), hätte er damit die beste Hand. Aus seiner Sicht gibt ihm die Vier zu den acht Outs der Straight weitere fünf Outs für Trips bzw. Two Pair, womit er 13 Outs hätte und ein Call gerade noch korrekt wäre.
Unterm Strich macht der Call aber keinen guten Eindruck. Selbst wenn Martonas blufft, wird er dies auf dem River meist wieder tun, worauf Dwan wohl kaum mit seinem Paar Vieren callen würde. Zudem sind alle Outs in Karo auf jeden Fall zu diskontieren und er muss in einigen Fällen auch mit einem gegnerischen Set rechnen. Im konkreten Fall hat Dwan in der Tat gerade einmal 18 Prozent Equity – klarer Fold.
Ungeachtet dessen bringt der River mit der 6♣ die Traumkarte für Dwan. Sein Gegner kann das nicht ahnen und geht folgerichtig All-In. Einige schlechtere Hände wie AK, AA oder niedrigere Sets könnten durchaus noch callen und ein gegnerisches All-In würde der Schwede ohnehin bezahlen.
Alles richtig gemacht und dennoch verloren – die $604.000 im Pot gehen an Tom Dwan, dessen spekulative Spielweise sich dieses Mal bezahlt macht.
Fazit
Bei extrem großen Stacks zündelt Tom Dwan vor dem Flop mit einer spekulativen Hand. Spätestens auf dem Turn kommt er aber auf Abwege, als er einen sehr grenzwertigen Call macht, der die Probleme einer Hand wie 54s im Sinne der Reverse Implied Odds deutlich unterstreicht. Glück für ihn, dass ihn eine Wunderkarte auf dem River gegen das gegnerische Monster rettete.