Nach mehreren Cashgame-Händen wollen wir diese Woche mal wieder ein Duell aus einem Turnier präsentieren. Involviert sind der deutsche Runner-Up beim Aussie Millions Main Event Lennart Uphoff und Raiden Kan aus Macao.
Zwischen den beiden entspinnt sich ein Duell, das nach äußerst verhaltenem Beginn so kaum zu erwarten war. Gleichzeitig darf sich der Leser auf ein Szenario freuen, das man so bestimmt nicht alle Tage sieht!
Ausgangslage und Spiel bis zum River
Wie erwähnt, fand die Hand letzte Woche beim Main Event der Aussie Millions statt. Zehn Spieler sind noch dabei, die allesamt schon einmal A$95.000 sicher haben, aber natürlich die Fühler nach der Siegprämie von A$1,6 Millionen ausstrecken wollen.
Es gibt keine eindeutigen Shortstacks, die meisten Spieler liegen im Bereich von 1 bis 2 Millionen. Die Blinds liegen bei 15.000/30.000 plus 3.000 Ante, alle Stacks sind damit noch sehr gut spielbar.
Das gilt auch für Raiden Kan aus Macao, der mit 1,3 Millionen im Small Blind auf 90.000 raist. Lennart Uphoff, der letzte Deutsche im Feld, callt im Big Blind mit etwa 2 Millionen. Im Pot sind 195.000 Chips.
Der Flop bringt
und beide Spieler checken.
Anschließend wird der Turn mit der
aufgedeckt. Erneut checken beide Spieler und es sind weiterhin 195.000 im Pot.
Nach dem River mit dem
checkt Kan erneut, dieses Mal setzt Uphoff magere 65.000. Die Aktion kommt zurück zu Kan, der nun auf 1,2 Millionen All-In checkraist. Uphoff überlegt kurz und callt mit
Sein Gegner dagegen zeigt
für einen Satz heiße Luft und ist ausgeschieden.
Analyse und Bewertung
Eine wahrlich nicht alltägliche Hand, bei der wir genauer untersuchen wollen, ob es sich bei Kans Spielweise um Genie oder doch nur um schlichten Wahnsinn handelte.
Über die Aktionen vor dem Flop muss man nicht viele Worte verlieren. Kan raist mit einer leicht überdurchschnittlichen Hand und Uphoff verteidigt mit einer klassischen Call-Hand, einem Suited Connector, seinen Big Blind.
Der Flop bringt ein Ass sowie einen Flush Draw und beide Spieler checken. Genauso verläuft der Turn, der mit der 2♦ eine totale Blank bringt. Erst auf dem River mit dem K♥ gibt es Action, und zwar heftig!
Kan checkt, worauf Uphoff mit seinem Flush eine bescheidene Value Bet bringt. Nach dem bisherigen Verlauf muss er davon ausgehen, dass sein Gegner – der dreimal checkte – wenig bis gar nichts hat.
Mit seiner Bet von einem Drittel der Potgröße hofft er, dass Kan mit einem König, einer Drei, einem niedrigen Paar oder sogar Dame hoch vielleicht callt.
Stattdessen geht der Mann aus Macao aber All-In und bringt mit 1,2 Millionen in einem Pot mit 260.000 eine brutale Overbet. Und derartige Overbets reduzieren das eigene Spektrum auf genau zwei mögliche Hände: Nuts oder Bluff.
Uphoff callt hier sehr schnell, weil die repräsentierten Nuts, also Q♥ #Xh alles andere als wahrscheinlich sind.
Mit einer solchen Hand hätte der aggressive Kan fast sicher auf dem Flop gesetzt, der mit dem Ass ideal für eine C-Bet war. Statt drei Checks wären mit so einer Hand zwei oder sogar drei Bets viel naheliegender.
War Kans Spielweise also völliger Unsinn? Aus mehreren Gründen, leider Ja!
Sein erster Denkfehler beruht darauf, dass er meint, die Nuts repräsentieren zu können, was wie oben gesehen gegen einen mitdenkenden Gegner kaum der Fall ist.
Viel wichtiger aber ist, dass Kan vermutlich übersah, dass sein Gegner durchaus einen Flush haben kann.
In der konkreten Situation trifft Uphoff auf dem Flop ein Paar Zehnen plus Flush Draw und hat damit bereits Showdown Value, während sein Gegner mit einer schlechteren Hand kaum callen kann.
Dasselbe gilt auf dem Turn, weshalb Uphoff erst auf dem River die Bet in der Hoffnung bringt, sein Gegner könnte vielleicht callen.
Ein dritter, alles andere als unwichtiger Punkt ist das Chance-Risiko-Verhältnis, das sich Kan für seinen Monsterbluff ausgesucht hat.
Er riskiert 1,2 Millionen Chips, um 260.000 zu gewinnen, das heißt, sein Bluff muss in etwa 80 Prozent der Fälle klappen, damit er profitabel ist.
Hinzu kommt, dass er sich unter den letzten 10 der Aussie Millions befindet und ein Fehler extrem teuer ist.
Fazit
Der erfahrende Raiden Kan, der Turniergewinne von $750.000 aufzuweisen hat, treibt das Risiko in einer wichtigen Hand auf die Spitze und übersieht dabei einiges.
Zunächst ist sein wahrgenommenes Spektrum sehr schwach und vor allem ist das gegnerische Spektrum viel stärker, als er vermutlich dachte. Sein mutiger Spielzug endet folgerichtig mit einem Desaster.