Wie es ablief
Von 50.000 Spielern und einem Preisgeldfonds im Bereich von 30 Millionen Dollar war die Rede – in Zeiten des längst rückläufigen Booms schier unglaubliche Zahlen und ein Ansatz, der aufhorchen ließ.
Als Hintermänner der sogenannten International Stadiums Poker Tour wurden alsbald die Groupe Tapie, die damals noch als potentieller Käufer von Full Tilt Poker im Raum stand, und die Familie Partouche, die eines der größten Pokerunternehmen Frankreichs vertritt, ausgemacht.
Was folgte, war eine der größten Pannenserien in der Geschichte des Pokerspiels. Es würde an dieser Stelle zu weit gehen, alle Änderungen, Korrekturen und Verschiebungen aufzuzählen, belassen wir es also dabei, dass die ISPT nie stattgefunden hat, das gigantische Projekt aber bis heute nicht aufgegeben wurde.
Vielmehr haben die pannengeplagten Franzosen seit Februar mit dem englischen Pokerveranstalter „Dusk till dawn“ einen potenten Partner ins Boot geholt, der die Kohlen aus dem Feuer holen soll.
Flugs wurde in London eine Pressekonferenz anberaumt, in der der gesamten Pokerjournaille weisgemacht werden sollte, dass die ISPT zwar unter abermals veränderten Bedingungen, aber dafür definitiv ausgetragen werde.
Robert Ronald Yong, Chef von „Dusk till down“ lehnte sich gar weit aus dem Fenster und sicherte eine Preisgeldgarantie von 1 Million Euro für den Sieger zu. Wird diese Summe bei der klassischen Preisgeldverteilung nicht erreicht, legt Yong mal so eben den Differenzbetrag obendrauf.
Bei solchen Umständen soll das Pokerspielerherz lachen, das ansonsten beharrlich gegen das Rake ankämpft und zuletzt bei der spektakulären Neueröffnung des King’s Casino in Rozvadov in den Genuss gigantischer Overlays gekommen ist.
Und doch würde es vermutlich niemanden wundern, wenn am 31. Mai sowie den folgenden Tagen nur unwesentlich mehr Spieler den ehrwürdigen Rasen des Wembley-Stadion betreten, als dies bei einem Länderspiel der englischen Nationalmannschaft der Fall ist. Qualifiziert haben sich schließlich bisher gerade einmal bescheidene 20 Spieler.
Sucht man nach einer Begründung für die enorme Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit der ISPT, greift die Erklärung, dass die Spieler mangelndes Vertrauen in den Veranstalter haben, zu kurz. Eher scheint es so, dass die Idee an sich der vielzitierte Schuss in den Ofen war.
Sicher, das Wembley-Stadion ist ein ehrwürdiger und kultiger Ort, doch die meisten Leute träumen schlicht und ergreifend davon, sich dort ein Fußballspiel anzusehen, aber nicht Karten zu spielen.
Am 25. Mai, also sechs Tage vor dem angeblichen Beginn der ISPT, wird dort das Endspiel der Champions League ausgetragen und viele Fans aus ganz Europa werden anreisen, ein Hotel buchen und für ein volles Stadion sorgen.
Exakt 90.000 Zuschauer werden das Spiel also verfolgen, wobei die UEFA ohne Zweifel noch wesentlich mehr Karten verkaufen könnte.
Die Reise- und Eintrittskosten dafür nimmt der begeisterte Fußballfan ohne Zucken in Kauf, London wird durch die vielen Fußballtouristen noch mehr aus allen Nähten platzen als sonst und hinterher wird von einem großen Fußballfest die Rede sein.
Für die ISPT sieht das vermutliche Szenario dagegen ganz anders aus. Nur sechs Tage nach dem Finale der Champions League werden ein paar kümmerliche Pokerenthusiasten den heiligen Rasen betreten und statt eines Balls ein paar Chips durch die Gegend schieben.
Die breite Öffentlichkeit wird davon nur spärlich Notiz nehmen, und trotz eines glücklichen Menschen, der eine Million Euro samt gigantischem Overlay abtransportiert, wird auch die Pokerwelt die ISPT rasch vergessen haben.
Pokerspieler wollen mit einem Dach über dem Kopf und einem ordentlichen Boden unter den Füßen ihre Einsätze bringen und sich nach einem Ausscheiden bei einem Side-Event oder Cashgame einkaufen.
Ein Turnier im Wembley-Stadion, das fast nichts anderes als die Ausgeburt Größenwahnsinniger ist, die von Poker und dessen Anhängern keine Ahnung haben, interessiert sie kaum. Und das ist nur allzu verständlich.
Der neueste Werbeclip (schon wieder überholt):