Bis auf einen haben alle lizenzgebenden Indianerstämme Kaliforniens einen neuen Antrag unterzeichnet. Die überraschend harsche Reaktion von PokerStars zeigt: jetzt wird’s ernst.
Von Europa aus gesehen ist die Situation in den USA wegen der Vielzahl von Anträgen und Staaten recht unübersichtlich geworden.
Die Situation
Es sind so viele Politiker involviert, Anträge gestellt und Antworten gegeben worden, dass wir manchmal den Anschluss verlieren.
Nicht dass die Situation in Europe einfach wäre, das ist sie leider nicht, aber so viel ist sicher. Trotz der unterschiedlichen Gesetzeslagen kann die Mehrheit der Europäer spielen.
In den USA haben in der jüngeren Vergangenheit mehrere Staaten die Chancen der Gegenwart und der Zukunft ausgelotet und sind dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen.
Die ersten Schritte sind getan, aber wenn Staaten wie New Jersey oder Nevada Online-Poker regulieren, ist das nicht gerade ein Durchbruch.
Trotzdem ist das Thema Poker derartig sensibel geworden, dass es in den USA zu teilweise absurden Situationen kommt.
So wurde vor kurzem der Online-Account des kanadischen Weltstars Mike „Timex“ McDonald zeitweilig gesperrt, weil ihn jemand anonym und zu Unrecht beschuldigt hatte, von amerikanischem Boden aus auf PokerStars zu spielen.
Der Vorfall wurde zum Glück schnell geklärt und McDonalds Account wieder geöffnet.
Und erst in der vergangenen Woche wurde den Kollegen von Pokernews der Zugang zum Pokerbereich des Venetian in Las Vegas verwehrt, wo gerade die MSPT stattfindet.
Begründet wurde das damit, dass Pokernews ja als Affiliate mit Onlinepoker-Anbietern verbunden sei, und das ist dem Chef des Venetian, Sheldon Adelson, bekanntlich ein Dorn im Auge.
Man sollte an dieser Stelle noch anmerken, dass Pokernews Hauptsponsor der MSPT ist. Man durfte also nicht einmal das eigene Turnier medial begleiten.
Aber schweifen wir nicht zu lange ab.
Es gibt einen neuen Antrag zur Regulierung von Online-Poker in Kalifornien, und Kalifornien ist ein Sonderfall in den USA.
Es ist der bei weitem bevölkerungsreichste Staat (zum Vergleich, Nevada liegt auf Platz 36) der USA. Mit 37 Millionen Menschen leben dort 12% der Gesamtbevölkerung. Weltweit stellt allein Kalifornien die achtgrößte Wirtschaft.
Was in Kalifornien passiert, wirkt sich auf das ganze Land aus.
Der Antrag
Das Dokument, um das es geht, ist 52 Seiten lang und hat das Ziel, „Internet-Poker innerstaatlich in Kalifornien zu autorisieren“.
Erstmals wurde ein solcher Antrag von 13 der 14 Stammesregierungen anerkannt und unterschrieben. Zur Verdeutlichung: In den USA haben die Indianerstämme (oder das, was von ihnen noch übrig ist), die Verwaltung des Glücksspiels inne. Eine Art Kompensation auf amerikanisch.
Damit geht einher, dass eben diese Stämme in Kalifornien auch die Lizenzen für Online-Spiel vergeben dürfen.
In dem Antrag wird die komplette Gesetzgebung für die anstehende Regulierung vorgelegt. So weit, so gut.
Es gibt jedoch eine kurze, aber entscheidende Passage in dem Dokument, dass für den gesamten US-amerikanischen Markt und den Weltmarktführer dramatische Konsequenzen haben könnte.
Auf Seite 49 findet sich der folgende Abschnitt:
The provisions of this act which are not separable are:
…
[2] prohibiting persons or entities who have knowingly and intentionally engaged in internet gambling or related financial transactions in violation of federal or state law from being licensed under this act or selling their assets used in unlawful internet gambling for reuse by entities licensed under this act
…
Es handelt sich hier um eine so genannte „bad actor“-Klausel. Frei übersetzt wird in diesem Abschnitt denjenigen Pokerräumen der Zugang zum kalifornischen Markt verwehrt, die sich nach Erlass des UIGEA weiterhin auf dem amerikanischen Markt betätigt haben.
Das ist ein ziemlich offensichtlicher, direkter Angriff auf PokerStars. Der Versuch, PokerStars aus dem Markt zu drücken, erklärt auch, warum der 14. Stamm in Kalifornien, die Morongo, den Antrag nicht unterschrieben hat.
Die Morongo haben ebenso wie die Casinos Bike, Commerce und Hawaiian Gardens ein Abkommen mit PokerStars.
Die Reaktion
Nicht einmal 48 Stunden nach der Veröffentlichung des Antrags ging PokerStars mit einem Statement an die Öffentlichkeit, dessen Inhalt nicht überrascht, dessen Sprache aber doch ein wenig schokiert.
Gemäß der offiziellen Mitteilung nennt man die oben erwähnte Klausel „einen unverfrorenen Versuch, gewisse Interessen Einzelner zu befriedigen und diesen einen unfairen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, indem vertrauenswürdige iPoker-Marken willkürlich ausgeschlossen werden“.
Bemerkenswerte Worte für die Reaktion auf etwas, das ja nur einen Vorschlag darstellt. Offensichtlich nimmt man bei PokerStars diese Geschichte sehr ernst. Noch ein Auszug, in dem das Selbstbild von PokerStars deutlich wird:
Die Vereinbarungen der Stammeskoalition würde Anbieter ausschließen, die niemals eines Fehlverhaltens beschuldigt oder angeklagt wurden, die innerhalb der bestehenden Gesetze zahlreicher Länder weltweit ordnungsgemäß lizenziert sind und die innerhalb der Online-Pokerindustrie höchste Standards hinsichtlich finanzieller Integrität und Zufriedenheit der Spieler setzen.
Das ist zwar unbestreitbar richtig, aber es wird in der Schroffheit der Wortwahl doch deutlich, dass man sich bei PokerStars darum Sorgen macht, dass es vielleicht mit der Lizenz in Kalifornien nichts werden könnte.
Auch die Prozesse nach dem Black Friday sind unter diesem Aspekt wenig hilfreich, auch wenn gegen PokerStars keine Verurteilung vorliegt.
Natürlich ist PokerStars problemlos in der Lage, auch ohne den US-Markt zu überleben, aber in den nächsten Wochen werden sich alle Augen der Branche auf die Entwicklung in Kalifornien richten.
Sollte der Antrag durchgehen, bleiben 180 Tage, um ihn umzusetzen. Das bedeutet, dass wir im besten Fall schon vor Weihnachten wieder amerikanische Spieler an den Online-Tischen begrüßen dürfen.